Was das Stadtarchiv bietet Eintauchen in die Geschichte der Stadt Willich

Willich · Der erste Tag der offenen Tür im neuen Willicher Stadtarchiv kam bestens an. Viele Besucherinnen und Besucher nutzten die Gelegenheit, das Archiv kennenzulernen und in die Geschichte der Stadt einzutauchen.

Stadtarchivar Udo Holzenthal führte beim Tag der offenen Tür durchs Stadtarchiv und zeigte einige besondere Exponate.

Foto: Norbert Prümen

„Ich lade jetzt zur Führung durch das Archiv ein.“ Kaum hat Udo Holzenthal diesen Satz ausgesprochen, da versammelt sich schon eine Traube von Menschen um ihn. Im Gänsemarsch geht es die geflieste Treppe hinunter in den Keller des Willicher Stadtarchivs. Neugierige Blicke huschen durch die Räume. „Wir sind hier im ehemaligen Küchenbereich samt Vorrats- und Speisekammer des Internats des St.-Bernhard-Gymnasiums“, sagt Holzenthal und deutet auf eine zugeputzte Fläche an der Wand, die auf ihre Art auch ein Stück Geschichte darstellt. Dort befand sich einst der Speiseaufzug, der die Speisen nach oben in den Speisesaal transportierte.

Der Stadtarchivar berichtet, dass Ende der 1980er Jahre der Umzug des Archivs in die Kellerräume geplant war und 1990 auch erfolgte. Schieberegal-Anlagen bestimmen das Bild. Mit einem kurzen Drehen öffnet Holzenthal eines der Regale. Lautlos schieben sich Türen zur Seite und geben den Blick auf Hunderte von Ordnern frei. Material, das darauf wartet, dass seine Verwahrfristen von zehn bis 20 Jahren abgelaufen sind. Danach folgt die Entscheidung, was ins Archiv kommt und was der Vernichtung zugeführt wird. Rund fünf Prozent der Unterlagen finden den Weg ins Archiv, was bedeutet, dass alle Metallteile entfernt werden und die Unterlagen in säurefreien Mappen eingelagert werden, die die „nächsten 1000 Jahre überstehen“, wie der Fachmann erklärt.

Ausschuss- und Stadtratsbeschlüsse, Unterlagen von Stadtplanungen, aber auch Akten, die den Lebensalltag widerspiegeln wie beispielsweise Gaststättenkonzessionen, gehören dazu. In den Schieberegal-Anlagen befindet sich zudem das Personenstandsregister seit 1798. Geburten, Hochzeiten und Sterbefälle sind dokumentiert, und das für die Zeit von 1798 bis 1814 sogar in Französisch, da Willich ein Teil der französischen Republik war.

Im Archiv schlummern
alle Abschlusszeugnisse

Ob für Hobbyahnenforschung oder für Erbenermittler, die auf der Suche nach möglichen Erben sind – das Archiv hilft weiter. „Wir hatten alleine in der vergangenen Woche fünf Anrufe von Bürgern, die ihr Abschlusszeugnis nicht mehr hatten, es aber dringend benötigten. Wobei es die Willicher Schulen, die sie besuchten, aber nicht mehr gibt“, berichtet Holzenthal. Im Archiv schlummern alle Abschlusszeugnisse der nicht mehr existierenden Schulen Willichs. Allen fünfen konnte geholfen werden.

Der Gang in den Keller entpuppt sich als äußert spannend, zumal der Stadtarchivar nicht nur die Flachware vorstellt, wie die Unterlagen genannt werden. Da gibt es die Langspielplatte vom Kinder- und Jugendchor der Stadt Willich, der 1970 aufgrund der kommunalen Neugliederung gegründet wurde, um bei den Bürgern ein städtisches Bewusstsein zu schaffen, oder das alte Wappenschild der Briten, die 1992 aus Willich abzogen.

Im Erdgeschoss des Stadtarchivs, wo sich auch die gläsernen Büros der Mitarbeiter und der große Arbeitssaal befinden, läuft derweil der 1957 gedrehte „Heimatfilm Eckert“ an. Ein Jahr lang begleitete der Düsseldorfer Filmemacher das Leben der Menschen in Neersen und filmte. Die Schwarz-Weiß-Variante ohne Ton sorgt immer wieder für Zwischenrufe, wenn etwas erkannt wird. Besucher sehen den alten Neersener Bahnhof, Schloss Neersen mit der Ruine des Westflügels, erleben nochmals die Hochzeit der Kittelschürze, die viele Frauen damals bei der Arbeit trugen, blicken in die Schaufenster im „Salon der Dame“ und auf das damalige Schützenfest mit Maiensetzen.

Es gibt auch Vergangenheit zum Anfassen und Mitnehmen: Sechs Kisten mit alten Langspielplatten und Maxis, die sich einst in den Willicher Jugendzentren drehten, laden zum Stöbern ein. Tobias Diehl hat so schon einen ganzen Stapel zusammengestellt, der nun auf dem heimischen Plattenspieler landen soll. „Das ist ein tolles Angebot. Ich habe einige Platten entdeckt, die mich interessieren. Aber auch ansonsten muss ich sagen, das war nicht mein letzter Besuch im Stadtarchiv“, sagt der Willicher. Auch Bücher zur Geschichte der Stadt können gegen eine Spende mitgenommen werden.