Kinderstück in Neersen Explosiv: Arielle trifft Hydra
Neersen · Es glitzert und funkelt beim Kinderstück, es werden aber auch Schwerter gekreuzt. Die angekündigte Mischung macht neugierig.
Manchmal würde es einen als Journalist nicht wundern, wenn schon für eine Pressekonferenz Ticket-Verkäufe angesetzt würden. Denn dort wird nicht selten eine gute Vorab-Show geboten.
Der Unterhaltungswert der Pressekonferenzen mit dem Ensemble der Schlossfestspiele ist 2019 besonders hoch. Man neckt sich, man liebt sich, tauscht Komplimente und Spitzfindigkeiten aus. Wenn es deren Pointengehalt und -Dichte schließlich auch auf die Bühne schafft, lohnt sich ein Kartenkauf. Das sei ohne Kenntnis eines Probendurchlaufs empfohlen. Die Messlatte liegt hoch.
Dem Hörensagen nach ist die Stimmung prächtig hinter und auf der Bühne. „Arielle“, das Kinderstück in diesem Jahr, ist in der Phase der Feinabstimmung und Kostümanprobe. Sonntag in einer Woche, genauer gesagt am 16. Juni, 15 Uhr, ist Premiere.
Das Regie-Team Karrie Becker und Sven Post fährt die Geschichte auf zwei Ebenen: einmal auf der der glitzernden, märchenhaften, unbeschwerten Unterwasserwelt. Hier fühlen sich Prinzessinnen zu Hause. Und auf der Ebene „Land“, auf der es deutlich rauer zugeht. Wer Schwertkämpfe eher liebt, als vergnügliche Unterwasser-Spiele, wird diese Überwasser-Szenen mögen.
Die Kinder werden viel zu gucken haben. Die Bühne wird reich bestückt sein mit Requisiten, die Tierkostüme sind aufwendig. Man arbeite mit den drei Schneiderinnen kreativ als Hochleistungsteam.
Märchenhaft, aber nicht
nur zuckersüß
„Wir machen es nicht zu kitschig“, betont Post. Er tut das, weil er auch Jungs in der Vorstellung sehen will. Post lehnt die Regiearbeit mit Becker nicht an die süße Disney-Film-Vorlage an, schreibt der kleinen Meerjungfrau aber auch ein anderes Ende auf den Nixen-Leib als es Hans Christian Andersen in seiner Märchenvorlage getan hat.
„Als Kind hätte ich mich über unser Stück kringelig gelacht“, sagt Post. Er, Becker und nicht zuletzt Intendant Jan Bodinus haben, das entnimmt man auch den Worten des Ausstatter-Paares Christian Baumgärtel und Nuschin Rabet, ein gutes Händchen bei der Rollenvergabe. Figuren und Charaktäre scheinen sich auf den Leib geschneidert zu sein. Hans-Jürgen Helsig, beispielswiese. Nuschin Rabet schwärmt geradezu: „Als ich ihn das erste Mal sah, sagte ich: Du bist ja schon zu 90 Prozent Sebastian, der Hummer!“
Und auch Hydra, die Meerhexe, hätte man nicht treffender besetzen können. Sie werde „die Kinder auch in ihrem Angstverständnis“ fordern, sagt Regisseur Post mit deutlichem Augenzwinkern.
In der Tat: Amanda Whitford lässt keinen Zweifel aufkommen, dass sie alle Facetten der Hydra beherrscht - von einem Haute-Couture-Gehabe über die rollen-typische Gemeinheit bis hin zu einer umwerfenden Komik. Auf diese explosive Unter-Wasser-Type darf man gespannt sein. „Die Bösewicht-Rolle zu spielen, ist ein Traum. Ich will die Herrscherin des Meeres, aber auch ein bisschen witzig sein.“ Und wenn Whitford dann ihre Stimmlage wählt, die sich anhört wie das Donnergrollen eines aufziehenden Gewitters, ist man gleichermaßen amüsiert und eingeschüchtert.
Arielle kann eine
rebellische Seite ausleben
Die schöne Noelle Fleckenstein, als Person schon Typ Meerjungfrau, schlank, süß, mit lockigem Haar, übernimmt die Titelrolle. Sie wird sich auf eine harte schauspielerische Herausforderung einstellen müssen, wenn sie diesem, ihrem Stück ihren Stempel aufdrücken will. Sie sei bereit, fühle sich wohl, sagt Fleckenstein. Sie freue sich darauf, dass sie in dieser Geschichte über Freundschaft auch eine „rebellische Seite“ zeigen dürfe. Die angekündigten „Ecken und Kanten“ sind ihr zu wünschen, damit sie nicht nur süß daherkommt, sondern aus einem reichen schauspielerischen Repertoire schöpfen kann.
Maske und Kostümabteilung arbeiten auf Hochtouren, die Schauspieler an der ein und anderen Tanz-Choreographie, die Kerstin Bruhn ihnen an die Bühnenpräsenz angeheftet hat. Auch sie hat, wenn man dem Arielle-Ensemble Glauben schenken darf, die Messlatte hochgelegt.
Vielleicht wird das Kinderstück tatsächlich noch der Publikumsliebling dieser Spielzeit – wenn die (Wasser-)Show tatsäschlich so gut wird, wie es sich anhört.