Azubis sind heiß begehrt
Im Kreis finden Betriebe immer schwerer Auszubildende. An der Einstellung der jungen Leute gibt es Kritik.
Anrath. Für Stefan Genings beginnt in diesen Tagen ein neues Leben. Der 22-Jährige aus Anrath macht seit September eine Ausbildung zum Koch. Und das, obwohl sein Start ins Berufsleben bisher alles andere als glatt verlaufen ist. „Ich musste sehr lange suchen. Doch jetzt bin ich superglücklich, dass ich diese Stelle bekommen habe“, sagt Genings.
Für den 22-Jährigen ist es bereits die vierte Ausbildung. Die drei vorherigen — darunter eine als Metallbauer — hat er nicht abgeschlossen. Daher musste er sich in einem vierwöchigen Praktikum erst bei seinem neuen Chef beweisen. „Stefan war pünktlich, zuverlässig und hat auch in der Küche das nötige Talent bewiesen. Daher will ich ihm jetzt eine Chance geben“, sagt Michael Lohmanns, Küchenchef des Restaurants „Zur Post“. Die Ausbildung dauert insgesamt drei Jahre und sieht neben der Praxis auch die Theorie an einer Berufsschule vor.
Während Lohmanns fündig geworden ist, scheint sich der Ausbildungsstellenmarkt im Kreis Viersen dagegen immer weiter zu verschlechtern. Waren zum gleichen Zeitpunkt im Vorjahr noch 218 Stellen unbesetzt, so sind es laut Statistiken der Bundesagentur für Arbeit zurzeit 278 — ein Anstieg von 27,5 Prozent. „Die Betriebe suchen händeringend nach Azubis, doch es wird für sie immer schwieriger, die Stellen zu besetzen“, sagt Stephan Mundt von der IHK Mittlerer Niederrhein.
Der Grund sei eine Akademisierung der Gesellschaft. „Die jungen Leute wollen alle studieren, weil man ihnen erzählt, dass sie ohne Studium nichts werden können. Das ist aber völliger Quatsch“, sagt Mundt. Neben dem Einzelhandel sei vor allem die Gastronomie betroffen. „Gerade auf dem Land ist es nochmal doppelt so schwer. Junge Leute zieht es eher in die Städte“, so Mundt weiter.
Der Vorsitzende der Dehoga (Hotel- und Gaststättenverband) im Kreis Viersen, Andreas van Loon, sieht aber auch die jungen Erwachsenen in der Pflicht. „Viele werden in der Schule nicht gut genug auf das Berufsleben vorbereitet und sind dann überfordert“, sagt er. Auch an der richtigen Einstellung mangele es zu oft. „Die wollen samstags lieber Party machen und kommen dann müde zur Arbeit.“
Küchenchef Lohmanns schaut optimistisch auf die nächsten Jahre. Für ihn ist es eine Premiere, sein Betrieb hat bisher nicht ausgebildet. „Es ist natürlich ein kleines Risiko. Aber da wir uns verändern möchten, kann ich das ohne Azubi nicht stemmen.“ Auch Stefan Genings ist motiviert. „Ich will diese Ausbildung auf jeden Fall durchziehen.“