Integrationshelfer in Tönisvorst Flüchtlingshilfe sucht Unterstützer
St. Tönis · Verein ist weiter auf Einsatz und Spenden angewiesen. Im November findet Benefizkonzert statt.
Am 10. November schnallt Peter Hohlweger sein Akkordeon an. Um 18 Uhr steht er mit Ute Bernstein (Geige, Gesang, Rezitation) und Achim Lüdecke (Gitarre, Gesang) im Altarraum der Christuskirche, sagt „Tach zusammen – sait gesunt mir!“ und erfüllt das Gotteshaus mit Klezmermusik.
Die Musik trifft auf rezitierte Texte von Hanns Dieter Hüsch, dem unvergessen feinsinnigen, tiefsinnigen und nicht selten hintersinnigen Kabarettisten, der mit seinen Beobachtungen und Büchern die Seele des Niederrheiners berührt hat.
Der Abend ist als Benefizkonzert für die Flüchtlingshilfe Tönisvorst gedacht. Der Eintritt ist zwar frei. Es wird aber um Spenden gebeten. Die benötigt der im Januar 2016 gegründete Verein nach wie vor. Mit Geld- und Sachspenden wird die Arbeit der ehrenamtlich tätigen Helfer in vielen Gruppen unterstützt.
Peter Hohlweger ist in doppelter Funktion an dem Abend in Tönisvorst engagiert. Der gebürtige Duisburger, Jahrgang 1960, ist gelernter Musikpädagoge und Teil des auftretenden Bernshteyn-Trios. Außerdem ist er der Mann, der die Fäden der Tönisvorster Flüchtlingshilfe in den Händen hält.
Allein 80 Deutschlehrer
in den „heißen Zeiten“
Sie hat es sich mit Vereinsstruktur vor mehr als zwei Jahren in Tönisvorst zur Aufgabe gemacht, „Flüchtlinge in unserer Stadt willkommen zu heißen, sie frühzeitig zu integrieren und zu beteiligen“.
„In heißen Zeiten hatten wir 380 Helfer“, sagt Peter Hohlweger. Er spricht von den Jahren 2016 und 2017. Allein 80 Deutschlehrer habe man gehabt, die an vier, fünf Standorten Flüchtlinge unterrichtet haben. „Heute sind es nur noch fünf Lehrer, die in der Grundschule Hülser Straße und in der evangelischen Kirchengemeinde an der Hülser Straße Kurse geben.“
Ein Grund für den Rückgang ist, dass die Stadt Tönisvorst jedem Flüchtling, der will, Deutschkurse anbietet. Die Zahl spiegelt aber auch den allgemeinen Rückzug aus der Flüchtlingshilfe wider. Von den genannten 380 Helfern zu Spitzenzeiten sind zurzeit „noch 85 aktiv“, sagt Hohlweger. Er hat die aktuellen Zahlen gerade erst gesammelt.
Am Anfang sei das überbordende Engagement von der Betroffenheit gespeist gewesen. „Jeden Tag hat man damals die Bilder von Flüchtlingen gesehen. Das hat die Leute bewegt.“ In großer Zahl haben die Tönisvorster spontan ihre Hilfe angeboten.
Aber nach ein, zwei Jahren intensiver ehrenamtlicher Arbeit mit Flüchtlingen hätten sich, sagt Hohlweger, auch die Anstrengungen gezeigt, die mit diesem Engagement einhergehen. Während sich bei den einen durch übernommene Patenschaften Freundschaften entwickelt hätten, haben andere auch Enttäuschungen wegstecken müssen.
Das Team der 85 Aktiven – immer noch eine stattliche Zahl – hat also weiterhin nichts gegen Verstärkung. Hohlweger: „Ich kann aus dem Stand zehn Flüchtlingsfamilien nennen, die eine Unterstützung durch Paten erfahren könnten.“
„Viele Flüchtlinge, die Deutsch lernen und das Leben hier verstehen wollen, sprechen mich an. Sie möchten deutsche Leute kennenlernen und die erlernte Sprache anwenden“, sagt Hohlweger.
Möglich ist ein direkter Kontakt auch über die bestehenden Gruppen, die die Flüchtlingshilfe aufgebaut hat. In der Gruppe „Familien und Kinder“ engagieren sich zurzeit drei Frauen, bieten drei bis vier Ausflüge pro Jahr für Flüchtlingsfamilien an.
„Neu ist unsere Gruppe ,Flüchtlingsfrauen’, die sich einmal in der Woche zum tanzen, spielen und reden trifft“, sagt Hohlweger. Die Gruppe „Jobsuche“ hilft beispielsweise dabei, Lebensläufe zu erstellen. Silke Weich von der Organisation ist die Frau, die sich mit Förderanträgen besonders gut auskennt. Die Flüchtlingssprechstunde findet regelmäßig statt. Dort ist auch das Thema „Wohnungssuche“ stark nachgefragt.
Manchmal lassen gute, überraschende Nachrichten Anstrengungen im Engagement für andere vergessen. Peter Hohlweger ist die Freude über einen Anruf von Ehrenamtlerin Karin Stephan noch gut anzuhören: „Ihr ist es in der vergangenen Woche gelungen, drei Wohnungen zu vermitteln.“