Tönisvorst „Engel der Vertriebenen“ wird Namensgeber für eine Straße

Über Otto Merkelbach wurde im Hauptausschuss nicht abgestimmt.

Tönisvorst. Zweifelsohne hat sich Otto Merkelbach als Heimatforscher und Autor Verdienste in St. Tönis erworben. Er gehörte zu den Mitgründern des Heimatbundes, den es seit 1952 gibt, war auch lange Zeit dessen Vorsitzender, wird nach wie vor als Ehrenvorsitzender geführt. Allerdings gibt es möglicherweise auch eine Schattenseite. Denn Merkelbach soll bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges Mitglied verschiedener Nazi-Organisationen gewesen sein. Dies führte jetzt dazu, dass eine Straße im geplanten Neubaugebiet an der Schäferstraße nicht seinen Namen tragen wird. Bereits gestern hatte die WZ berichtet, dass der Heimatbund den Antrag zurückgezogen hatte.

Verwaltung und Politiker hatten nach einer Straßenbezeichnung für das neue Wohngebiet in unmittelbarer Nähe des Friedhofes gesucht. Dazu wurde auch der von Erich Tizek angeführte Heimatbund befragt. Tizek antwortete per Mail: „In unserem Vorstand und im zuständigen Arbeitskreis ist die Wahl einstimmig auf Otto Merkelbach gefallen.“

Eine Entscheidung sollte eigentlich im Hauptausschuss fallen. Bürgermeister Thomas Goßen sprach von Hinweisen aus der Bevölkerung, wonach Merkelbach der NSDAP angehört haben soll. Die Stadtverwaltung habe dazu Recherchen angestellt. Goßen, der auch die Verdienste des St. Tönisers herausstellte, betonte: „Es gibt Hinweise darauf auch in Unterlagen im Kreisarchiv.“ Jedenfalls habe er noch am Tage vor der Hauptausschusssitzung den Heimatbund darauf aufmerksam gemacht. Dieser reagierte sofort und zog den Vorschlag zurück.

Ein zweiter Vorschlag wurde im Hauptausschuss dagegen einstimmig befürwortet. Dieser kam von der evangelischen Kirchengemeinde St. Tönis. „Älteren Menschen in unserer Gemeinde ist sie bis heute in dankbarer Erinnerung“, schrieb Pfarrer i. R. Renz Schaeffer und meinte Marianne von Sahr (1902 bis 1987), die sich nach Ende des Zweiten Weltkrieges vor allem auch in St. Tönis stark in der Flüchtlingsarbeit engagiert hatte. Die WZ hatte sie als „Engel der Vertriebenen“ bezeichnet.

Schaeffer führt in seiner Begründung unter anderem aus: „Gerade in diesen Tagen erscheint mir das Erinnern an diese mutige und engagierte Frau hilfreich. In den Turbulenzen der direkten Nachkriegszeit hat sie, selbst Flüchtling, durch ihre zupackende und hoffnungsfrohe Art Menschen in St. Tönis und Umgebung, die nach Flucht und Vertreibung vor einem völligen Nichts standen, gezeigt, dass es sich lohnt, den Mut niemals sinken zu lassen.“

Dennoch ist derzeit noch nicht klar, was genau auf dem Straßenschild stehen wird. Michael Lambertz (UWT) hatte nämlich herausgefunden, dass die aus einem alten Adelsgeschlecht abstammende Dame Marianne Hamm von Sahr heißt. Also möglich wären demnach folgende Bezeichnungen: Marianne-von-Sahr-Straße, von Sahr-Straße oder in der viel zu langen Version MarianneHamm-von-Sahr-Straße. Wahrscheinlich wird es eine Kurzfassung des Namens mit darunter stehenden Erläuterungen geben.