Gebühren: Gema-Professor lernte viel

Die erstmals in Vorst angestoßene Diskussion um Geld für die Gema wurde in Neersen fortgesetzt.

Neersen. Heute London, morgen München: Professor Dr. Jürgen Becker, Vorstand der Gema (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte), ist ein wichtiger, weit gereister Mann. Seit einigen Tagen weiß er auch, wo Neersen liegt. Und wird das kleine Dorf am Niederrhein mit seinem schönen Schloss sicher nicht so schnell vergessen. Denn nach einer Diskussionsveranstaltung zum Thema "Gema-Gebühren", zu der Uwe Schummer (MdB) die Vertreter von über 70 Vereinen - vor allem aus Willich und Tönisvorst - eingeladen hatte, dürften dem Mann mächtig die Ohren geklungen haben.

"Bei uns in Neersen ist er geerdet worden", spöttelte Uwe Schummer nach dem Treffen. Und in der Tat: Die Vertreter der Schützen, Karnevalisten und Gesangsvereine hatten aus ihrem Ärger über Tarifdickicht, überhöhte Gebühren, unbekannte Rabatt-Strukturen, ungenügende Informationen und "Gema-Spione" bei der Veranstaltungen keinen Hehl gemacht.

Gerd Zenses von der St. Konrad-Schützengilde Grenzweg etwa hatte ein krasses Beispiel parat: Wegen schlechten Wetters musste seine Bruderschaft den "Großen Zapfenstreich" kurzfristig ins Zelt verlegen. Prompt schickte die Gema einige Tage später eine dicke Rechnung mit einem Straf-Aufschlag von 100Prozent wegen "Nichtanmeldung einer Zeltveranstaltung".

Was Zenses erst jetzt in der Diskussion von einem Vertreter des Bundes der Historischen Deutschen Schützenbruderschaft erfuhr: Er hätte nicht zahlen müssen. Denn die beim Zapfenstreich gespielten Melodien sind alle so alt, dass die Gema darauf keinen Zugriff mehr hat. Der Schützenverband forderte die Gesellschaft vor diesem Hintegrund auf, zweimal im Jahr aktuelle Informationen über ihr Tarifsystem zur Verfügung zu stellen.

In einem anderen Fall wurde beklagt, dass ein Verein seit einem Jahr vergeblich versucht, Musikgebühren für eine DVD abzurechnen, die zu einem Jubiläum entstanden war.

"Es muss endlich etwas passieren", bringt es der Vorster Kunibert Schmitz auf den Punkt. Er, wie viele andere Vereinsvertreter, hatten nach der Veranstaltung allerdings nicht unbedingt das Gefühl, sehr viel bewegt zu haben. Uwe Schummer sieht das optimistischer: "Professor Becker hat mir anschließend gesagt, er habe viel gelernt." Und es müsse klar sein: Die Gema-Tarife mache der Vorstand, dafür sei Becker verantwortlich.

Für ihn sei es unverständlich, so Schummer weiter, dass die Gema ihre Gebühren noch "mit dem Zettelkasten" errechne, statt auf moderne Chip-Systeme zurückzugreifen. Ebenso unverständlich sei es, dass die Gema aus ihren Jahreseinnahmen von 800Millionen Euro satte 13 Prozent in die eigene Verwaltung stecke: "Selbst bei der großen AOK sind es nur 6,5 Prozent."

Der Anfang Die erste Info-Veranstaltung zum Thema Gema-Gebühren mit 35 Vereinsvertretern gab es im April 2006 in Vorst.

Fortsetzung Zu einer Fortsetzungsveranstaltung im September kamen dann schon 120 Vereinsvertreter. Dazu eingeladen hatten CDU-Parteivorsitzender Reinhard Maly, der damalige FDP-Fraktionsvorsitzende Wilfried Schmitz und Kunibert Schmitz vom Vorster Vereinskomitee.

Mit Schummer Der Neersener Bundestagsabgeordnete Uwe Schummer schaltete sich schon im Mai 2006 ein. Er forderte damals eine Neuordnung des Tarifsystems.

Erfolge Erste Erfolge im Kampf gegen überhöhte Gebühren konnten im Juli 2007 verzeichnet werden. Die Enquete-Kommission "Kultur in Deutschland" bereitete ein umfassendes Gema-Papier vor, nachdem Vorsitzende Gitta Connemann sich zuvor in Vorst über die Situation der Vereine informiert hatte. Zudem richtete die Gema eine Schlichtungsstelle ein.