Tönisvorst/Willich/Kempen Gift-Eier: „Bald wieder vergessen“

In diesen Tagen ist das Hühnerprodukt auch am Niederrhein Gesprächsthema. Aber wohl nicht lange, so Marktmann Wolfram Holz.

Tönisvorst/Willich/Kempen: Gift-Eier: „Bald wieder vergessen“
Foto: Kurt Lübke

„Heute hatte ich viele fremde Gesichter am Stand, alle, die sonst beim Bauern um die Ecke Eier kaufen, bei Aldi oder Lidl. . .“ Wolfram Holz reagiert mit viel Ironie auf den Andrang des Tages. Er steht seit 20 Jahren mit seinem Eierstand auf dem St. Töniser Wochenmarkt und kennt das Verhalten von Kundschaft in Zeiten von Skandal-Schlagzeilen bereits. Bei der Vogelgrippe war es so. Jetzt sind es die Gifteier aus den Niederlanden und einigen deutschen Betrieben. „Die Angst führt die Discounter-Kunden zu mir. Aber das ist nur eine Momentaufnahme. Nächste Woche ist das wieder vergessen.“

Er bezieht die Eier, die er Woche für Woche in St. Tönis und in Neuss verkauft, von einem Freund, der eigene Pachtställe für die Bodenhaltung der Hühner hat. Die Höfe liegen in Nordrhein-Westfalen an der Grenze zu Niedersachsen. Von einem anderen Betrieb in Niedersachsen bezieht er Eier von Hühnern in Freilandhaltung. Bio-Eier hat Holz nicht im Angebot. „Ich habe sie mal über den Großhandel bezogen, da aber schlechte Erfahrungen gemacht.“ Vom Stautenhof beispielsweise in Anrath kann er nicht beziehen, weil die Menge nicht ausreicht, sagt Holz.

„Viele Leute haben nachgefragt, wie das denn sein kann, dass die Eier so belastet sind“, erzählt Holz. Er selbst erklärt sich das mit dem Preisdruck, unter dem Produzenten für die Discounter stünden. „Die können sich keine leeren Ställe leisten.“ Wenn sein Freund, von dem er die Ware bezieht, die Hühner schlachte, stehe der Stall aus Hygienegründen anschließend 14 Tage bis drei Wochen leer. In dieser Zeit werde der Bereich gesäubert, desinfiziert und für die neuen Tiere vorbereitet.

Der Hintergrund: Das giftige Fipronil war über ein Anti-Läusemittel in die Eier gelangt. Das Mittel beruht eigentlich nur auf ätherischen Ölen wie Menthol und Eukalyptus. Vermutlich hatte ein belgischer Hersteller Fipronil beigemischt, obwohl das Mittel für die Geflügelzucht verboten ist.

Die Leute, denkt Holz, sagen „Bio? Ja! Wohl der Tiere? Auch wichtig! Aber kosten darf es nicht’s“. Er spürt den Sparzwang der Kunden auch bei den Centprodukten wie Eier: „Ein Ei Größe M kostet bei mir 20 Cent. Wenn ich den Stückpreis um nur einen Cent erhöhe, weil augenblicklich die Tierfutterpreise angezogen haben, reagieren Kunden schon sauer.“

Er habe den Eindruck, dass viele Verbraucher 50 Wochen im Jahr sparen, um sich zwei Wochen Urlaub leisten zu können.“

Anruf beim Stautenhof, dem Biohof in Anrath. Hier sei die Eier-Nachfrage in den vergangenen Tagen „krass gestiegen“, berichtet Theresa Leiders von der Betreiberfamilie. „Normalerweise ist es in den Sommerferien ja eher etwas ruhiger.“ Davon sei momentan nichts zu spüren.

Leiders ist der Meinung, dass das Fipronil-Desaster viele Betriebe hätte treffen können. Schließlich müsse man die Ställe ja desinfizieren. „Das machen wir auch.“ Allerdings passiere das mit anderen Mitteln und in Eigenregie - also nicht durch Fremdfirmen, stellt sie klar.

Am Marktstand der Familie Thees war gestern auf dem Kempener Buttermarkt keine verstärkte Eier-Nachfrage zu verzeichnen. „Die Kunden wissen, dass sie auf dem Markt, gute, unbehandelte Eier bekommen“, so Daniel Thees. Aber er sei schon nach der Herkunft der Eier gefragt worden, so der Händler kurz vor Schluss des Marktes.

Die Bio-Produkte kämen von einem „Bioland“-Kollegen aus der Region. Von diesem Lieferanten habe er, Thees, sich extra gestern noch einmal das entsprechende Zertifikat schicken lassen — aus aktuellem Anlass.