Irak-Flüchtling Wesam Moshi: „Natürlich war es hart“
Wesam Moshi (36) ist vor zwölf Jahren aus dem Irak nach Deutschland geflohen. In Willich wurde er heimisch. Die Entwicklung in seiner alten Heimat zeigt ihm: Es war der richtige Schritt.
Willich. Zu den Zeiten von Saddam Hussein hatten bereits Ende 2002 Hunderttausende von Flüchtlingen den Irak verlassen. Einer davon war Wesam Moshi, der heute 36 Jahre alt ist, in Alt-Willich wohnt und damals als Elektrotechniker in einem Öl-Kraftwerk in Bagdad arbeitete. In einem Lkw versteckt — dem Schmuggler zahlt er dafür 6000 Dollar — kam er im Februar 2002 nach Deutschland, wenig später in die Stadt Willich. Mit ihm führte die WZ ein Gespräch.
Wollten Sie nach Deutschland fliehen?
Wesam Moshi: Ich wollte in den Westen, nach Europa. Es war Zufall, dass ich damals in Trier gelandet bin. Von da bin ich über mehrere Stationen und Lager am 25. Februar 2002 nach Willich gekommen.
Und Ihre Familie?
Moshi: Auch ihr gelang zum späteren Zeitpunkt die Flucht. Meine Eltern, die ich im März dieses Jahres besucht habe, leben mit drei meiner Brüder in Toronto. Zwei andere Brüder und meine Schwester in Sydney.
Wie war die erste Zeit in Willich?
Moshi: Schrecklich. Ich kannte keinen, konnte die deutsche Sprache nicht und hatte nichts zu tun.
War Ihnen nicht klar, dass es lange dauern könnte, bis das Asylverfahren abgeschlossen ist?
Moshi: In dem Umfang nicht. Ich brauchte Kontakte zu den Menschen, habe dann Gott sei dank schnell die katholische Anrather Pfarrsekretärin und Caritas-Mitarbeiterin Uschi Rapp kennen gelernt. Wir haben uns auf Englisch unterhalten. Von ihr habe ich wenige Tage danach auch die ersten Deutschbücher und ein Fahrrad bekommen, mit dem ich zu Deutsch-Kursen in Anrath oder zur VHS nach Krefeld gefahren bin. Ich hatte so wenigstens was zu tun. Auch Frau Rapp hatte ehrenamtlich so einen Kurs gegeben.
Wie ging es weiter?
Moshi: Über das Freiwilligenzentrum von Marita Gentsch habe ich als Helfer bei einem Seniorenausflug mitgemacht, den Angela Parkhof-Klein mit der evangelischen Frauenhilfe organisierte. Dass ich sie kennen lernen durfte, war erneut ein Glücksfall. Sie hat mich jahrelang begleitet, sich unter anderem um menschenwürdigere Unterkünfte bemüht, mir bei den vielen Anträgen und Eingaben beim Asylverfahren geholfen. Von meinen Gutscheinen von monatlich 127 Euro konnte ich ja keine Anwaltskosten bezahlen. Ich bekam ja immer nur für wenige Monate eine Aufenthaltserlaubnis.
Wie ist das Asylverfahren ausgegangen?
Moshi: Es wurde mehrmals abgelehnt. So sagte mir Jahre später einmal eine Richterin, ich könne ja jetzt wieder zurück in den Irak, da sich die Lage stabilisiert habe und ich ja beim Neuaufbau mithelfen könnte. Ich gehöre aber der christlichen assyrischen Kirche an. Eine Minderheit, die von der Terror-Gruppe Al-Qaida nach wie vor bekämpft wird. Wir haben dann aufgrund meiner Religionszugehörigkeit einen zweiten Asylantrag gestellt. Der wurde im Oktober 2007 genehmigt.
Haben Sie zwischenzeitlich gearbeitet?
Moshi: Ich hatte 2003 ein Praktikum bei der Elektro-Firma Hempel im Gewerbegebiet am Siemensring gemacht. Dort durfte ich einige Zeit als Helfer und Techniker arbeiten.
Und später?
Moshi: Ich hatte ja in Bagdad Elektrotechnik studiert. Es war gar nicht so einfach, dass dieses Studium hier anerkannt wurde. Auch dabei haben mir Uschi Rapp und Angela Parkhof-Klein geholfen. Ich habe dann meinen Master an der Uni Duisburg gemacht, dieses Studium im Oktober 2011 abgeschlossen. Bereits im November des gleichen Jahres wurde ich bei der RWE-Tochter „Netzplanung“ eingestellt. Dort arbeite ich noch immer.
Würden Sie den beschwerlichen Weg noch einmal bestreiten?
Moshi: Natürlich war es hart, anfangs war ich oft verzweifelt. Ich habe meinen Preis bezahlt, weil ich mich von meiner Familie getrennt habe. Aber ihr geht es ebenfalls gut. Dennoch war der Weg richtig, wie auch die heutige Entwicklung des Iraks zeigt. Ich bin sehr froh, dass ich die beiden Damen getroffen habe. Daraus ist eine echte Freundschaft entstanden.