Joschka Langenbrinck (SPD): Als „Vorturner“ in Berlin
Joschka Langenbrinck, Ex-Juso-Chef in Willich, sitzt im Abgeordnetenhaus.
Willich/Berlin. Einige schlaflose Nächte hat er in den vergangenen Wochen schon gehabt. „Es ist etwas anderes, wenn man selbst der Vorturner ist“, sagt Joschka Langenbrinck und seufzt. Seit 2002 engagiert sich der Student aus Willich in der SPD — zunächst in seiner Heimatstadt, seit 2005 an seinem Studienort Berlin. Bisher tat er das vor allem aus der zweiten Reihe, etwa als Mitarbeiter von Ex-Minister Wolfgang Tiefensee. Doch seit der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus am 18. September steht der 26-Jährige selbst im Rampenlicht: Als einer der jüngsten Abgeordneten überhaupt gelang ihm der Sprung ins Berliner Landes-Parlament.
Bis zum Herbst 2010 hatte er mit einem solchen Aufstieg nicht gerechnet. Zwar hatte sich der ehemalige Willicher Juso-Vorsitzende in der Berliner SPD mit seiner dynamischen, oft unbequemen Art („rumsabbeln mag ich nicht“) schon einen Namen gemacht und war seit 2008 stellvertretender Vorsitzender des Stadtbezirks Neukölln. Dann aber kündigte die amtierende Abgeordnete Neuköllns, eine Frau von Ende 30, völlig überraschend ihren Rückzug aus der Politik an — und der Student vom Niederrhein wurde gefragt, ob er ihr Nachfolger werden möchte. „Drei Wochen habe ich darüber nachgedacht“, erzählt Langenbrinck. Dann stand fest: „Ich mache das“ — auch wenn das Studium deshalb noch einmal verlängert werden musste.
Seitdem findet Privatleben für den 26-Jährigen kaum mehr statt. Im Wahlkampf musste er stattdessen „Klinken putzen“: Mal besuchte er mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit Firmen, dann wiederum stand er bei unzähligen Bewohner Neuköllns auf der Matte. „Laden Sie mich ein — den Kuchen bringe ich mit“, lautete das Motto der Aktion — und viele wollten den Politik-Studenten tatsächlich persönlich kennenlernen. Die Mühe machte sich bezahlt: Der Neu-Berliner Joschka Langenbrinck holte das Direktmandat.
Abgehoben, so sagt er, sei er deshalb nicht. „Ich bin ein Mensch, der mit beiden Beinen fest im Leben steht. Und in der Politik bin ich immer noch eine Micky Maus.“ Der direkte Kontakt mit den Bewohnern seines Bezirks, den er schon im Wahlkampf suchte, werde weiter gepflegt. Zudem habe er einen guten Freundeskreis, der ihn bei Bedarf „erde“. Und seine Mutter Petra sei seine größte Kritikerin. Mit der Leiterin der Kindertagesstätte St. Bernhard in Schiefbahn steht er regelmäßig in Kontakt.
Das gilt auch für die Politik in Willich: SPD-Fraktionschef Bernd-Dieter Röhrscheid hat ihn schon in Berlin besucht, umgekehrt war Langenbrinck bei der Neugründung der Willicher Jusos im September 2010 persönlich dabei. Ansonsten aber ist er „verliebt in Berlin“ — offenbar sogar sprachlich. Sätze wie „Weeß ick ooch nich“, kommen ihm schon ganz selbstverständlich über die Lippen. Wortreich schwärmt der Willicher von seiner „ganz spannenden“ und „ganz jungen“ Wahlheimat und schiebt dabei einen Spruch hinterher, der sich beim Stadtmarketing gut machen würde: „Berlin soll reicher werden und sexy bleiben.“
Wird er in der Hauptstadt seine politische Karriere weiter ausbauen? „Weeß ick nich“ — in der Politik könne man so etwas nicht planen. Weshalb er neben der Arbeit im Abgeordnetenhaus im Moment eine zweite große Aufgabe angeht: Im Frühjahr 2012 soll die Diplomarbeit fertig sein. Da sind wohl noch einige schlaflose Nächte fällig.