Jungfrau rührt den Kleister an

Die Prachtkarosse für das Tönisvorster Prinzenpaar soll diesmal beschwingt wie eine Samba daherkommen.

Foto: Friedhelm Reimann

Tönisvorst. Es ist kalt in der großen Halle an der Industriestraße in St. Tönis. Aber die dort versammelten Herren lassen sich ihre gute Laune nicht verderben. Es wird viel gelacht und geflachst, während gleichzeitig Hammer und Pinsel geschwungen werden: Die Tönisvorster Wagenbauer sind mit der Vorbereitung des Tulpensonntagszuges am 15. Februar beschäftigt.

„Auf Wunsch des Prinzen versuchen wir diesmal etwas Neues“, berichtet Zugleiter Dieter Hackstein. In der Vergangenheit wurde der große Wagen des Prinzenpaares in relativ einfacher, solider Bauweise aus Holz zusammengebaut. „So etwas hält mindestens fünf Jahre“, berichtet Ex-Prinz Karl-Heinz Lessenich vom Tönisvorster Karnevalskomitee (TKK).

Die neue Konstruktion wird deutlich filigraner — und damit auch weniger haltbar: Ein Drahtgeflecht, das vorher nach einer gezeichneten Vorlage in Form gebracht wurde, wird an einem Lattengestell befestigt. Darauf kommen unzählige Klebebänder, auf die wiederum Papierbahnen geklebt werden. Das Ganze wird am Ende mit Leim fixiert und mit Farbe bemalt oder gespritzt — und schon ist der Wagen fertig.

Was sich so einfach beschreiben lässt, bedeutet für die Wagenbauer unzählige Arbeitsstunden. „Seit etwa sechs Wochen sind wir dran“, berichtet Hackstein. Mit dem neuen Verfahren, das sehr viel abwechslungsreichere Formen zulässt, arbeite sogar der bekannte Düsseldorfer Wagenbauer Jacques Tilly. „Vor Jahren habe ich mal einen Lehrgang bei ihm besucht“, sagt Hackstein. „Wir machen das hier eher nach der Methode learning by doing“, ergänzt ein Mitstreiter und grinst.

Insgesamt sieben Wagen stehen in der Halle, fast jeden Tag wird gewerkelt. Das Motto dieser Session lautet: „Tönisvorst im Sambafieber, da treffen sich alle Jecken wieder!“ Dazu passend wird die sechseinhalb Meter lange und vier Meter hohe Prachtkarosse des Prinzenpaares mit bunten Fächern verziert, die einen Hauch von Brasilien verbreiten sollen. Und auf den schon vorhandenen Wagen der KG Nachtfalter werden tanzende Schmetterlinge montiert. Denen fehlt im Moment noch die Farbe.

Auch Prinz Wolfgang I. (Sommer) hilft beim Bau mit. Frühere Tollitäten sind ebenfalls aktiv, so das Dreigestirn aus dem vergangenen Jahr, Prinz Karl-Heinz III. (Lessenich), Bauer Harald I. (Gengnagel) und Jungfrau Helma I. (Helmut Krohnen). Die Jungfrau rührt gerade den Kleister an, während der Bauer nachdenklich die Schmetterlinge beäugt: „Seit wann haben Falter vier Finger?“