Seismische Messungen am Niederrhein Vibro-Trucks sind wieder unterwegs
Kreis Viersen · In diesen Tagen zittert am Niederrhein wieder der Boden: Der Geologische Dienst des Landes NRW ist mit seinen Vibro-Trucks wieder unterwegs, um seismische Messungen durchzuführen. Das gab es im vergangenen Jahr schon einmal: Im Oktober starteten die Messungen unter dem Titel „Seismik Rheinland“ in Schwalmtal im Westen des Kreises Viersen.
Von dort arbeiteten sich die imposanten, 21 Tonnen schweren Messfahrzeuge vor, untersuchten den Boden auf drei Messlinien zwischen Viersen, Tönisvorst, Krefeld, Düsseldorf und Duisburg.
1735 Messpunkte arbeiteten die Vibro-Trucks ab, an 6948 Stationen empfingen hochsensible Messinstrumente, sogenannte Geophone, die Reflexionen der in die Tiefe geschickten Schallwellen. Nach rund 70 Kilometern erreichten die Vibro-Trucks Ende Oktober schließlich Duisburg.
Drei Messfahrzeuge werden
einen Monat lang unterwegs sein
Jetzt gibt es eine weitere Messkampagne mit dem Titel „Seismik Niederrhein“. Sie startete am 14. November in Goch. Drei Messlinien sind mit insgesamt rund 75 Kilometern geplant. Eine 50 Kilometer lange Linie beginnt westlich von Goch und verläuft über Weeze, Kevelaer, Geldern, Straelen und Wachtendonk in den Kreis Viersen, vorbei an Vinkrath, Grefrath, Vorst und Süchteln nach Viersen. Die Städte werden dabei nicht direkt durchquert, sondern nur am Rand gestreift. Zwei weitere kürzere Messlinien kreuzen die Strecke im Kreis Kleve. Die nördliche führt von Goch nach Uedem, die südliche verläuft von Straelen nach Geldern.
Zum Konvoi gehören drei Messfahrzeuge, die einen Monat lang die geplanten Routen langsam abfahren. In festen Abständen halten sie an und schicken über eine hydraulisch absenkbare Rüttelplatte für ein bis drei Minuten Vibrationen in den Untergrund.
Diese werden von den verschiedenen Gesteinsschichten unterschiedlich reflektiert und von den Geophonen erkannt. So muss nicht gebuddelt oder gebohrt werden, um zu sehen, wie der Untergrund bis in 3000 Meter Tiefe beschaffen ist. Wo sich die Messfahrzeuge gerade befinden, können Interessierte im Internet nachsehen: Der Geologische Dienst informiert auf seiner Seite und in den sozialen Medien täglich aktuell über den Fortschritt der Messungen.
Warum das Ganze? In Zukunft sollen nicht nur Wasser, Wind und Sonne zur Energiegewinnung genutzt werden, sondern auch die Wärme aus der Erde. Geothermie lautet das Stichwort, genauer: hydrothermale Geothermie. Dabei geht es darum, heißes Wasser aus der Tiefe zu fördern, das für die Wärme- und Stromgewinnung genutzt werden kann: Das heiße Tiefenwasser wird über eine Förderbohrung an die Oberfläche gepumpt, man nutzt die Wärme und führt das Wasser anschließend über eine zweite Bohrung wieder in den Untergrund zurück.
Das Land NRW bereitet den Einstieg in die Nutzung der Tiefengeothermie vor, um die Klimaschutzziele zu erreichen und unabhängiger von Energieimporten zu werden. Deshalb hatte das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie (MWIKE) des Landes NRW den Geologischen Dienst NRW beauftragt, eine geothermale Charakterisierung des tiefen Untergrundes durchzuführen. Denn um die hydrothermale Geothermie nutzen zu können, müssen geeignete wasserführende Gesteinsstrukturen im Untergrund vorhanden sein. Eben diese will der Geologische Dienst aus Krefeld mit seinen Messungen erkunden.
Viele Vorteile sind mit der Nutzung der Wärme aus der Tiefe verbunden. Sie stehe ganzjährig, witterungsunabhängig und rund um die Uhr zur Verfügung, listet der Geologische Dienst auf, sie sei klima- und umweltfreundlich, benötige wenig Fläche und komme ohne fossile Brennstoffe aus. Damit sei sie als lokale Energiequelle unabhängig von den schwankenden Preisen auf den globalen Energiemärkten. „Wenn am Niederrhein Wärme durch Geothermie gefördert werden kann, könnten hiervon die Kommunen und die Stadtwerke in der Region profitieren“, heißt es vom Geologischen Dienst. Über Fernwärmenetze können man etwa Haushalte und Gewerbe versorgen, Gartenbaubetriebe können für die Gewächshäuser die Erdwärme nutzen.