Analyse nach dem Showdown Pakusch will „50+“ für Willichs CDU
Willich · Nach dem Wahlkampf ist vor dem Wahlkampf. Die Willicher Christdemokraten haben parteiintern noch Klärungsbedarf.
Christian Pakusch steht auf dem Rasen im Stadion des DJK/VfL Willich und erlebt Adrenalinausschüttung pur. „Mega, mega, mega!“ Als hätte sein Lieblingsverein Fortuna Düsseldorf am Ende der Fußball-Bundesliga-Saison einen Champions-League-Platz ergattert.
Pakusch hat gerade den fünf Monate währenden parteiinternen Wahlkampf um die Bürgermeisterkandidatur der CDU Willich für sich entschieden. Klar. 338 Ja für ihn. 69 Prozent, rechnet ein Pressekollege aus. Für Johannes Bäumges haben sich 150 Christdemokraten ausgesprochen.
491 Mitglieder hat das Duell ins Stadion gezogen. Von 780. Auch das ist ein Topwert. Das Wetter hält. Der Aufstellungsparteitag unter freiem Himmel mit Corona-Obacht wird in die Partei-Geschichte eingehen.
Die Abstandswahrung führt dazu, dass Gastgeber Guido Görtz, Versammungsleiter Marcus Optendrenk, Bäumges und Pakusch höchste Aufmerksamkeit geschenkt wird.
Der lauter und häufiger vernehmbare Zwischenapplaus für Pakusch ist ein „Verräter“. Denn er ist Gradmesser für die Stimmung im Halbrund: Es ist ein Heimspiel für Pakusch. Noch bevor die Auszählung der Stimmen das Ergebnis bringt.
Der Sieger strahlt. Blick und Haltung verraten pure Freude, viel Genugtuung und erhebliche Erleichterung. „Viel Last ist von mir abgefallen“, sagt Pakusch. Von Durchschnaufen kein Wort. Er will im selben Stil weitermachen, seine Wahlkampf-Formate fortführen, Leute treffen, talken, Themen aufnehmen, erledigen.
„Anpacken. Machen. Umsetzen“ hat er es in seiner kämpferischen Rede formuliert. Auf dem Rasen platziert er seine nächste Zielmarke: Für die Kommunalwahl im September will er die „50+“ für die CDU. Die absolute Mehrheit. Und für ihn: „Alles auf Sieg.“
Neues Ziel, fokussierte Power – das soll vielleicht den Riss in der „CDU-Familie“ kitten, in der Partei, so Pakusch, die sich nicht „von einzelnen Personen unterkriegen lasse“. Er zitiert Thomas von Aquin: „Vereinte Kraft ist zur Herbeiführung des Erfolges wirksamer als zersplitterte oder geteilte.“
Der 36-Jährige packt sich an dem Abend wieder sein Amt des Parteichefs, das Görtz in den vergangenen Wochen innehatte. Mit dem Ergebnis im Rücken tut er es mit mehr Selbstbewusstsein und Selbstverständnis.
Johannes Bäumges kommentiert wenig später seine Niederlage. Das Statement fiele auch ohne den direkten Vergleich zu Pakuschs Auftritt in die Kategorie „nüchtern, emotionsarm“. „Ich bin nicht enttäuscht“, sagt Bäumges. „Ich habe der Partei ein Angebot unterbreitet. Die Partei hat anders entschieden. Ich freue mich über 150 Stimmen.“
Wichtig sei nun, dass die CDU weiter stark sei. Bäumges persönliches Ziel ist ein Sitz im Stadtrat. Reden über das Amt des Fraktionsvorsitzenden in der nächsten Legislaturperiode, das er zurzeit bekleidet, will er jetzt nicht. Die Frage stelle sich erst nach der Wahl.
Bäumges hat Pakusch als Erster gratuliert. Wichtig, sagt Bäumges, dass die Entscheidung nun da sei. Der parteiinterne Wahlkampf hat auch ihn gefordert und geschlaucht. Bäumges freut sich auf Zeit mit der Familie.
Dann wird seine Stimme noch einmal nachdrücklicher im Klang. Es sei ihm wichtig gewesen, sich zu erklären. Dass er nichts mit den Ungereimtheiten im Zusammenhang „mit der Aufnahme von Neumitgliedern in unsere Partei“ zu tun hatte. Welche Personen haben da gehandelt? Er fordert wie in seiner Rede eine Klarstellung, dass „die Kandidatinnen und Kandidaten mit den beschriebenen Vorgängen nichts zu tun haben“. Das müsse geklärt werden. „Das ist wichtig für die Partei.“
Fragen von der Basis kommen beim Aufstellungsparteitag zu den Vorgängen nicht. Offen wird über die Vorwürfe, ein Unternehmer habe Beiträge für Neu-Mitglieder beglichen, nicht gesprochen.
Auch Pakusch distanziert sich im Gespräch mit der Presse davon. Und kündigt als Parteichef eine Aufarbeitung von Vorgängen an. Aber den Abend will er erst einmal nur genießen. Alles „sacken lassen“. An das Siegerbierchen mit seinem Team auf der Terrasse von Paul Schrömbges am Mittwoch denken und keinen „Knatsch“.
Es wird eine kurze Verschnaufpause. Denn dass das Thema und die teilweise schmutzige parteiinterne Auseinandersetzung Mitglieder der CDU-Familie sehr beschäftigt, weiß der Parteichef. Mindestens zwei Mitglieder haben ihren Austritt angedündigt.
Nachzureichen sind weitere Personalien: Kreistagskandidaten der CDU sind Nadine Caris (348 Stimmen), Guido Görtz (427), Rainer Höppner (349), Walter Ingmanns (345) und Nanette Amfaldern (347).
Die Wahlkreiskandidaten sind für Anrath Marcel Danisch, Sascha Fassbender, Jens Lenz, Linda Rixen und Elisabeth Siemes. Für Neersen Nanette Amfaldern, Andreas Müller und Meike Lifia. Für Schiefbahn Christian Pakusch, Bettina Nossek, Thorsten Doehlert, Rainer Höppner, Sebastian Foitzik und Johannes Bäumges. Für Willich: Markus Fliege, Barbara Jäschke, Christian Dern, Paul Schrömbges, Guido Görtz, Sonja Fucken-Kurzawa (Stefan Simmnacher hat seine Bewerbung zurückgezogen), Kerim Isik, Florian Purnhagen und Stephanie Worms.