Neersen: „Wir haben keinen Leitwolf“
Festspiele: Die Vorbereitung läuft rund, die Mannschaft steht, und die Chemie im Team stimmt: Für Astrid Jacob, Trainerin des Neersener Theaters, kann das Spiel (ohne Ball) beginnen.
Neersen. Der Anpfiff zum ersten Spiel steht unmittelbar bevor: Nicht nur Jogi Löws Jungs müssen am Sonntag ran, sondern auch die Schauspieler der Neersener Festspiele. Die WZ sprach darüber mit Intendantin Astrid Jacob.
Astrid Jacob: Das ist ja witzig. Gerade gestern hat mich Schauspieler Jürgen Hoppe so genannt. Er sagte so etwas wie "Die Trainerin hat gesprochen". Wenn ich es recht überlege, kommt diese Bezeichnung sogar ursprünglich von mir. Ich muss irgendwann einmal gesagt haben: "Das muss man trainieren."
Jacob: Das gehört alles zusammen. Schauspieler sind von Hause aus fleißig. Sie sind Schauspieler geworden, weil sie ihren Beruf lieben. Da ergeht es ihnen wie Leistungssportlern. Gute Schauspieler müssen auch Fitness besitzen, eine gute Körperbegabung. Ganz wichtig ist es, dass die Chemie in der Mannschaft stimmt. Ein Team von Stars muss nicht glücken, ist auch nicht spannend. Ich stelle immer ein frisches Ensemble zusammen, überlege, wer mit wem welche Dialoge spricht. Das ist ein spannender Schlagabtausch. Ich vergleiche im Vorfeld auch die Ausbildungswege der Schauspieler, ihre Stationen, prüfe, welche Stile sich ergänzen.
Jacob: Lagerkoller findet weniger statt. Ich versuche immer wieder, Schauspieler aus der Region einzubinden. Viele sind in dieser Spielzeit aus Köln. Sie fahren hin und her, bilden Fahrgemeinschaften. Das funktioniert.
Jacob: Da habe ich ein schönes Beispiel dafür, dass die Chemie stimmt. Als Silke von Patay ihre Figuren-Ausstellung im Schloss hatte, kam der ganze Kölner Clan und besuchte die Vernissage. Das war toll, eine Total-Überraschung.
Jacob: Da kann ich keinen übergeordneten Leitwolf nennen. Es gibt keinen in unserem Ensemble-Theater. Das Team ist der Star. Im Grunde genommen ist jeder, wenn er in seiner Szene dran ist, der Leitwolf. Niemand kann mit sich allein Theater spielen.
Jacob: Viele Schauspieler meditieren, um gut eingestellt auf die Bühne zu gehen. Sprech- und Atemübungen gehören auch dazu. Viele gehen noch einmal leise ihren Text durch.
Jacob: Bei "Gott des Gemetzels" und "Der kleine Lord" gibt es keine Pause. Aber beim Stück "Der Raub der Sabinerinnen". In der Pause macht sich der Schauspieler frisch, schminkt sich, kämmt sich, setzt sich über seinen Text und trinkt einen Schluck Wasser. Einige müssen auch ihr Kostüm wechseln.
Jacob: Oh ja, Hände an die Teetasse. Wir spielen ja unter freiem Himmel. Wenn es regnet...
Jacob: Genau.
Jacob: Im Ensemble speziell nicht. Aber wenn die Schmachtigallen kommen, dann stellen sie sich mit Astrid Jacob in der Mitte auf. Wir legen alle die Hände flach aufeinander, rufen dann ein Ha! mit einem Atmer, und die Hände fliegen auseinander. Das ist ein wunderbarer energetischer Austausch.
Jacob: Jeder hat sein eigenes Maskottchen auf seinem eigenen Platz, eine Postkarte, eine Figur, ein Foto von Sohn oder Tochter. Ich habe einen kleinen indischen Elefanten, den ich von einer Freundin bekommen habe. Dieser Elefant trägt einen Sonnenstein. Er ist gelb und geschliffen und steht für meine Hoffnung auf gutes Wetter.
Jacob: Das habe ich gerade erst erlebt. Je näher es auf die Premiere zugeht, desto besser funktionieren die Dialoge. Das ist das Geheimnis der Premiere. Wenn das Ensemble sich versteht, bedeutet das für die Spielzeit eine aufsteigende Linie.