Interview zu den Herausforderungen von Corona Rehse: Hygiene-Wände statt Reklame

St. Tönis. · Die Corona-Krise stellt auch produzierende Unternehmen vor besondere Herausforderungen. Manche Betriebe kommen der gestiegenen Nachfrage kaum nach, andere erleben Absatzeinbrüche, eine Flaute in ihrem Kerngeschäft und müssen sich umorientieren.

Tim Rehse (l.) hat während  der Corona-Krise auf die Produktion von Hygiene-Wänden umgestellt. Hier steht er mit seinem Mitarbeiter Tim Frühe an der Lasermaschine.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Ein Beispiel für Flexibilität in unsicheren, aber auszugestaltenden Zeiten ist die Firma Rehse in St. Tönis.

Herr Rehse, im Internet werben Sie dafür, dass Ihr Unternehmen derzeit auch Schutzscheiben für Empfangstheken und Tresen anbietet. Wie groß ist die Nachfrage?

Tim Rehse: Hier muss man unterscheiden: Einmal gibt es einige Einzelhändler, Frisöre und Büros, die solche Hygienewände in geringen Stückzahlen von bis zu fünf Exemplaren benötigen. Hier ist es eher so, dass wir unseren Teil dazu beitragen, dass jemand wieder seinem Geschäft nachgehen kann. Das kompensiert nicht unseren Umsatzrückgang. Für die Sicherung unseres Unternehmens und der Arbeitsplätze meiner Mitarbeiter sorgt gerade die Produktion der Hygienewände für unsere Großkunden, die gerade wieder unter hohen Auflagen starten dürfen. Diese benötigen je nach Filialanzahl zwischen 100 und 3000 solcher Wände. Damit sind unsere CNC-Fräsen und die Laserschneideanlage zwar gerade ausgelastet, allerdings ist das nur Arbeit für etwa vier Leute.

Ihr Unternehmen ist vor allem bekannt für leuchtende und großformatige Werbe- und Firmenschilder. Wie läuft das Kerngeschäft in Corona-Zeiten?

Tim Rehse: Das Kerngeschäft steht nahezu still. Wir haben viele Filialisten aus dem Einzelhandel als Kunden. Nachdem der Lockdown verkündet wurde, sind sämtliche Aufträge storniert worden. Manche schieben ihre Umbauten nach hinten, andere haben schon mitgeteilt, dass sie dieses Jahr alle Investitionen stoppen und somit auch keine Werbeanlagen benötigt werden.

Wie gehen Sie intern mit der Pandemie um?

Tim Rehse: Wir haben natürlich auch Kurzarbeit angemeldet. Im Vertrieb steht das Telefon seit dem Lockdown eher still, von daher sind im Wechsel ein bis drei Mitarbeiter im Büro. Für die Produktion entscheiden wir wöchentlich über die Einteilung der Mitarbeiter. Momentan haben wir neben den Hygienewänden vereinzelte Alt-Aufträge abzuarbeiten. Ein zu Anfangs unterschätztes Problem gab es bei unseren letzten bundesweiten Montageeinsätzen zu Beginn des Lockdowns. Hotels dürfen zwar für geschäftliche Zwecke den Betrieb aufrechterhalten. Da der Bedarf aber zu gering ist, bleiben die meisten Hotels geschlossen. Da standen unsere Montageteams vor verschlossener Türe – trotz Buchung.

Sie kümmern sich auch um die Weihnachtsbeleuchtung in vielen Städten und auf diversen Märkten. Laufen da die Planungen trotz Corona weiter?

Tim Rehse: Dieser Bereich unterliegt allgemein einer langen Planungsphase und es besteht sicher noch die Hoffnung bei unseren Kunden, dass es bis zum Ende des Jahres eine Lösung für Veranstaltungen dieser Art gibt. Zudem gestaltet sich der Einkauf mit Maske in der Weihnachtszeit sicher auch schöner mit geschmückten Straßenzügen. So laufen die Planungen also bisher noch weiter.

Wie blicken Sie insgesamt auf die kommenden Monate und das Jahr 2021 - wird sich der Einzelhandel schnell erholen?

Tim Rehse: Das ist ein Blick in die Glaskugel. Zum einen wissen wir nicht, was wir noch für politische Entscheidungen zu erwarten haben, zum anderen war der Einzelhandel in vielen Bereichen ohnehin schon stark durch den Onlinehandel geschwächt. Und genau der Onlinehandel ist es, der nun noch gestärkter, ja als Gewinner aus der Krise hervorgehen wird. Wir als Unternehmerfamilie können nur den Markt im Blick zu halten, damit wir uns nach der Hygienewand auf das nächste gefragte Produkt einstellen können, falls unser Kerngeschäft nicht richtig anläuft.