St. Tönis: Bangladesch tief im Herzen

Neun Schüler des Michael-Ende haben die Entwicklungshilfe ihrer Schule an Ort und Stelle erlebt.

St. Tönis. Nicht so einfach, konservierte Reiseeindrücke und Gefühle auf Knopfdruck aufzutischen. Wie soll man auch über Lebendigkeit, Chaos, Zauber, Anmut und Armut Bangladeschs angemessen reden, wenn man dicht gedrängt in einem nüchternen Elternsprechzimmer der Schule sitzt. Keine Fotos zur Hand, dabei 1000 Bilder im Kopf.

Der deutsche Schulalltag hat sie wieder: Felix Schuster, Kira Stommel, Arne Schloßmacher und Julia Janzen, Corinna Böttcher und Rosa Stoll, Christiana Pickartz, Jacqueline Hoffmann-Ellmalah und Mirka Deckmann. Jetzt leben und lernen die 16- und 17-jährigen Michael-Ende-Schüler wieder in St. Tönis - 15 Flugstunden von dem Land entfernt, in dem sie Menschen, Städte und Landschaften 17 Tage lang gestreift haben.

Das langjährige Engagement des Gymnasiums in der Entwicklungshilfe ist mit der ersten Reise von Schülern nach Bangladesch gekrönt worden. 30 hatten sich für sechs Tickets beworben, neun haben sich in einem Auswahlverfahren durchgesetzt. "Wir wollten eine Gruppe formen, die funktioniert. Wir sind auf ein großartiges Interesse gestoßen", sagt Daniel Karsch, Lehrer für Sport, Erdkunde und Mathe. Er war mit Kollegin Eva Manke (Biologie und Mathematik) Begleiter der Schüler. Die Kostenlücke für drei Reiseplätze mehr haben die Schüler mitgeschlossen.

Rosa Stoll: "An diesem Projekt war ich besonders interessiert, wollte mich einmal vor Ort umschauen." Es wurden 17 Tage voller Gegensätze, voller Leben, voller neuer Gesichter. In Bangladeschs Hauptstadt Dhaka erlebten die Gruppe eine nie ruhende Großstadt, Verkehrschaos und Markttrubel.

Ein einwöchiger Workshop mit einheimischen Jugendlichen führte die Deutschen nach Gaibandha, einem Dorf, eingebettet in die wundervolle Landschaft. Der feierliche Empfang durch die Dorfgemeinschaft, die vielen Aufmerksamkeiten, die vielen lächelnden Gesichter rührten alle. Rosa: "Es gab für uns alle Geschenke. Uns war es peinlich, dass wir so wenig dabei hatten."

Im Workshop ging es "um das Brechen mit Vorurteilen". Nach dem persönlichen Kennenlernen verglichen die Jugendlichen ihre Schul- und Wirtschaftssysteme, Freizeitgestaltung. Der Besuch der Dorfschule, für die das Michael-Ende-Gymnasium die Partnerschaft übernommen hat, war fester Programmpunkt - Spiele und Stifte, gespendet von den 5. und 6. Klassen, im Gepäck.

"Wir haben gelernt, dass nicht alles selbstverständlich ist, ein eigenes Zimmer, ein eigenes Bett", sagt Kira. "Die Menschen dort sind arm, aber sie sind stolz auf das, was sie haben. Da frage ich mich, warum ich das nicht bin", sagt Rosa. Den Blog, den die Schüler erstellt haben, hat die Klasse 9a verfolgt: "Wir haben uns zusammen im Politikunterricht über eure Reise informiert. Wir sind sehr erstaunt über die vielen Eindrücke, die ihr in eurem Berichten schildert. Unsere Klasse findet eure Zusammenarbeit mit den Jugendlichen dort sehr interessant und vorbildlich."

Apropos vorbildlich: Die MEGler bastelten zum Abschied Kopfschmuckbänder in Orange, Grün und Schwarz: Grün als Hoffnung aufs Wiedersehen, Orange für die Freude über den Workshop, Schwarz für die Traurigkeit beim Abschied. Farben können Gefühle konservieren.