St. Tönis: Das Büdchen von George Joosten Büdchen ist ein Fulltime-Job

St. Tönis · Ein Besuch bei George Joosten im Kiosk am Wilhelmplatz in St. Tönis.

Seit mehr als 15 Jahren betreibt George Joosten seinen Kiosk am Wilhelmplatz in St. Tönis.

Foto: Reimann, Friedhelm (rei)

George Joosten ist – nicht untypisch nach einer Kindheit und Jugend in den 80er Jahren – ein glühender Anhänger von Bud Spencer. Der italienische Schauspieler, bekannt vor allem für seine klamaukigen Prügel-Streifen mit Kollege Terence Hill, „empfängt“ die Kundschaft schon am Büdchen-Eingang. Über einem lächelnden Spencer-Konterfei mit Boxer-Faust steht geschrieben: „Ich will so eine Romanze wie bei Bud Spencer und Terence Hill, nervigen Leuten aufs Maul hauen und und danach wird fettig gegessen.“ Wer so ein Schild neben die Ladentür hängt, ist wohl das, was man einen „echten Typen“ nennt.

Auf George Joosten trifft noch eine weitere Beschreibung zu: bunter Hund. In seinem Heimatstadtteil, in dem er schon geboren wurde, liegt der Bekanntheitsgrad bei 80 Prozent, konservativ geschätzt. Im Bereich des St. Töniser Wilhelmplatzes, wo er wohnt und den Kiosk führt, dürfte er locker die 100 Prozent erreichen. Seit mehr als 15 Jahren betreibt der Niederrheiner mit dem englischen Vornamen den Mini-Laden an der Bus- und Bahnhaltestelle. Zu dem beliebten Treffpunkt gehören auch öffentliche Toiletten.

Wie kommt man zu einem Büdchen? George Joosten, der unter anderem über eine abgeschlossene kaufmännische Ausbildung verfügt und auch mal in die Pädagogik „hineingeschnuppert“ hat, beantwortet die Frage mit einer kleinen Geschichte. Auf dem Weg zum Einkaufen sei er eines Tages am Standort vorbeigekommen und habe gesehen, dass der damalige Pächter den Kiosk ausräumte. Joosten überlegte kurz und bewarb sich bei der Stadt, der das Gebäude gehört, um die Nachfolge – „zusammen mit zwei Konkurrenten“. Letztlich bekam er den Zuschlag und startete am 14. Februar 2004 ins neue Berufsleben.

Damit tauschte er ein gesichertes Einkommen – er hatte zuvor angestellt gearbeitet –, gegen das Risiko der Selbstständigkeit. „Manche Monate sind schwierig“, berichtet er und nennt insbesondere den Januar und den Februar, also „die Zeit bis Karneval“. Besser sieht es im Sommer aus. „Da fallen zwar wegen der Ferien die Kinder weg, die sich nach der Schule Süßigkeiten holen, dafür sitzen die Erwachsenen vor der Ladentür und genießen einen Kaffee open air.“

Fast schon legendär ist sein Tee-Sortiment. Die Sortenvielfalt reicht von Klassikern wie Pfefferminz, Kamille und Hagebutte bis zu Mischungen wie Joghurt-Heidelbeere.  Ebenfalls ungewöhnlich für ein Büdchen: „Honig aus eigener Imkerei“. Den liefert ein Imker aus der Umgebung. Auf Bestellung schmiert und belegt George Joosten Brötchen. Aufwändigere Gerichte wie Nudel- oder Kartoffelsalat bietet er aber seit einiger Zeit nicht mehr an. In der kleinen Küche hinter dem eigentlichen Ladenlokal kocht er nur noch für sich und seinen Sohn, der derzeit eine Ausbildung (in einer völlig anderen Branche) macht.

Bei „George“, wie ihn alle nennen, treffen sich die Generationen. Fotos und Pokale auf dem Getränke-Kühlschrank zeigen, dass ganze Kicker-Teams mit dem Kiosk aufgewachsen sind. Darunter steht ein Rollator. Ein Anwohner stellt ihn dann und wann im Büdchen ab, wenn er mit dem Auto unterwegs ist. Gelegentlich kommen Flüchtlinge mit einem Anliegen vorbei. Dann wird der Verkaufstresen zum Übersetzungsbüro. Kritik steht der Betreiber aufgeschlossen gegenüber, hat sogar eine „Mecker-Box“ für anonym verfasste Hinweise aufgestellt. Fiese „Verrisse“ finden sich darin allerdings nicht. Eher Augenzwinkerndes wie die Klage über das angebliche Fehlen attraktiver Männer im Laden.

Büdchen ist ein Fulltime-Job. Die Öffnungszeiten am Wilhelmplatz sind 6 bis 20 Uhr, am Mittwoch bis 14 Uhr. Nur am Sonntag ist geschlossen. „Ein freier Tag muss sein“, sagt George Joosten, der sich die Zeit zwischen zwei Kunden unter anderem mit Stricken vertreibt. Mindestens noch zehn Jahre, bis zum 25. Jubiläum, möchte Joosten den Kiosk in St. Tönis weiter betreiben.