Super Wochenende mit Jazz und Handwerk am Schloss Neersen
Die Vielfalt der Veranstaltung und vor allem das schöne Wetter lockten viele Besucher zur Bühne und zu den Ständen.
Neersen. Vor einem Jahr hatte Jazz-Legende Ali Haurand noch seinen Auftritt zunächst unter- und dann abgebrochen, weil es zu kalt war, seine Hände steifgefroren waren. Die 27. Auflage von „Jazz und Handwerk“ fand jetzt bei frühsommerlichem Wetter statt, wo Musiker und Besucher eher schwitzten als froren. Es gab einige Änderungen. Die auffälligste: Die Bühne stand zum ersten Mal nicht vor dem Hauptportal des Schlosses in Neersen, sondern vor dem Vorwerk, einem sonnigeren Platz. Die Blumen, die Mitorganisatorin Elisabeth Könings-Schumann feilbot, hätten auch Minustemperaturen standgehalten, bestehen sie doch aus gebranntem Ton.
„Es sind diesmal 40 statt 45 Stände da“, erklärte Könings-Schumann. Die Plätze vor dem Lkw, der die Zufahrt zum Schlosspark aus Sicherheitsgründen versperrte, habe sie bewusst nicht besetzt.
„Ich habe das Wetter bestellt“, sagte Thomas Gartz von der Neersener Kaufmannschaft, der ebenfalls viel Zeit in die Organisation investiert hatte. Schon sehr früh wurde deutlich, dass die Mühen sich — wieder einmal — gelohnt hatten.
An der Südseite des Schlosses standen, wie in den vergangenen 15 Jahren, Bernhard Fitting und Iris Bühler aus Altenkirchen in der Pfalz mit ihren ausgeklügelten Windspielen, das teuerste für 750 Euro. „Die Stammkunden sind es, die bereits am frühen Morgen vorbeikommen“, sagte Fitting. Die knapp 300 Kilometer weite Fahrt nach Neersen lohne sich.
Über solche Erfahrungen verfügt Walter Bollmann aus Bad Driburg noch nicht — er hatte jetzt seinen Pavillon zum ersten Mal im Schatten des Schlosses aufgestellt. Eine besonders originelle Glasarbeit: Leere Weinflaschen, die er im Ofen bei 800 bis 850 Grad schmolz und dann plattdrückte — er verkaufte sie als „Antialkoholikerflasche“.
Einem besonderen Handwerk widmet sich Res Neuenschwander aus Bad Camberg: Er fertigt Chalumeans, die fast wie Blockflöten aussehen und musizierte immer wieder mit diesen Instrumenten.
Im Schlosskeller wurde wie immer edles Handwerk angeboten. Manfred Grünwald aus Krefeld hatte in früheren Jahren schon mal einen alten Webstuhl mitgebracht. Jetzt bediente er sich moderner Technik und zeigte auf einem Tablet-PC, wie die Wäschestücke wie Tischdecken und Tischläufer auf traditionelle Weise entstehen. „Ich habe mit 14 Jahren angefangen, Weber zu lernen und bin jetzt 78“, erzählte der Weber in sechster Generation. Und er hob die Langlebigkeit seiner Erzeugnisse hervor, mit denen er der Wegwerfmentalität etwas entgegensetzt.
Draußen duftete es nach Erdbeer-Honigwein, nach Crepes, Pfannkuchen und Currywurst und auch ein Food-Truck mit hochwertigen Burgern im Angebot war vorgefahren.
Viele Besucher dürften aber vor allem wegen der Musik gekommen sein. Den Anfang machte am Samstag der Neersener Becky Becker mit seinem Quartett. Sie haben Modern Jazz im Repertoire. Dixieland-Jazz-Freunde kamen besonders bei den Sea-Town-Seven aus Wuppertal auf ihre Kosten. Die Groove-Musikschule aus Mönchengladbach kam mit 16 Musikern. Gestern trat auch die Neersenerin Gwen Jolie auf. Sie überraschte mit jazzigen Versionen von „Fever“ und „Summertime“.
Zum Schluss stand fest: „Jazz und Handwerk“ war wieder ein voller Erfolg.