Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing Das Rheinland zu Gast in Vorst

Tönisvorst · Ein Lobby-Verein will die Metropolregion als Marke nach vorn bringen. 70 Gäste der Veranstaltungsreihe „TönisVorstum8“ nahmen von dem Treffen viele Impulse und Zahlen mit.

70 Gäste folgten der Einladung der Tönisvorster Wirtschaftsförderung ins Kulturcafé Papperlapapp in Vorst.

Foto: Reemen

Eine Stunde und 45 Minuten hat Kirsten Jahn am Mittwochmorgen im Berufsverkehr von Köln in Richtung Niederrhein verpendelt. Sie hat den Flaschenhals der Region, die „Infrastruktur“, am eigenen „Steuer“ erfahren. Der Region, die sie als Geschäftsführerin und ambitionierte Lobbyistin in Bewegung und nach vorn bringen will: die „Metropolregion Rheinland“.

Ein rheinisches Gemüt darf man Kirsten Jahn attestieren. Trotz des frühen Aufstehens und Staufrusts steht sie gut gelaunt in „Tönisvorst um acht“ parat, im Vorster Kulturcafé Papperlapapp. Dort blickt sie 70 erwartungsvollen Gästen von Wirtschaftsförderer Markus Hergett und Bürgermeister Thomas Goßen entgegen.

In ihrem Impulsvortrag über zwei Kaffee-Längen umreißt Jahn die Ziele des Vereins, die man dem Tönisvorster Hans-Joachim Kremser nicht mehr vorstellen muss. Kremser wurde 2017 in den Vorstand der Metropolregion Rheinland gewählt. Er ist der einzige Vertreter des Kreises Viersen. Die anderen Gäste der hiesigen Wirtschaft und Unternehmerschaft, aus Handwerk, Handel und Dienstleistung, nehmen imponierende Zahlen einer (noch) „großen Unbekannten“ mit. Jahn listet auf: Die Metropol-Region Rheinland umfasst eine Fläche von 12 300 Quadratkilometern. 8,7 Millionen Menschen leben in ihr. Es ist die Rhein-Schiene von NRW, die die Fläche von Kleve über Duisburg im Norden, Wuppertal im Osten, Aachen im Westen und Bonn im Süden abdeckt. Tönisvorst ist mittendrin. Ländlich bis kleinstädtisch geprägt, in direkter Anlehnung und in Teilen auch Anbindung an Großstädte.

Der Verein versteht sich als Chef-Lobbyist eines Gebiets, das zu den dicht besiedelsten in Deutschland zählt. „Ein Lebensraum unterschiedlicher Nationen“, so Jahn, eine Region, die elf Prozent des deutschen Inlandsprodukts erwirtschaftet.

Außerdem eine Region, in der die Hochschul-Dichte beeindruckend ist. 64 Standorte, geballtes Wissen, eine Standortgüte, die aber noch nicht über Studienabschlüsse hinaus gehalten wird: „352 000 Studierende bleiben leider nicht.“ Sie wandern in den Süden, suchen attraktivere Arbeitsplätze.

In puncto Lebensbedingungen könne das Rheinland doch mithalten, so Jahn. Weil es eine „sehr, sehr gut vernetzte Region“ ist, mit Tuchfühlung zu den Niederlanden und Belgien. Kulturreich dazu. Jahn: „Wir haben was zu bieten.“

Das Manko bleibe das dichte Verkehrsnetz. Eigentlich ein Vorteil, der aber ein Nachteil ist, weil das Netz zu oft verstopft ist.

Der Verein will Expertenwissen verknüpfen bei Themen wie Verkehr, Soziales, Forschung, Bildung, Kultur und Standortmarketing; das Rheinland als Marke will er unverwechselbar machen, die Zusammenarbeit mit Wirtschaftsförderern der Städte und Gemeinden fördern. Dazu gehört auch der Besuch, den Jahn an diesem Morgen Vorst abstattet. Als Dienstleister für regionale Akteure.

Für Tönisvorst, den Kreis, das Gebiet, die Metropolregion will sie den „Brückenschlag nach Europa“ schaffen, „um Gelder in die Region zu holen“. Die Kategorisierung Stadt-Land gebe es nicht mehr. Jahn: „Wir sind ein Verflechtungsraum, sollten das als Chance betrachten“. Sie ermuntert die Zuhörer, Bedarfe an sie heran zu tragen.

„Jetzt sind wir schlauer“, kommentierte Versicherungsfachmann Thomas Müller den Vortrag. Als Vertreter des LVM-Servicebüros ist er mit seiner Frau Ulrike bei „Tönisvorst um acht“. Mit Interesse hat er die Ausführungen verfolgt, vor allem, dass es offenbar nicht nur um eine rein wirtschaftliche Herangehensweise geht. Aber, so Müller, „ich frage mich angesichts von Euregio etc, ob nicht zu viele Köche den Brei verderben. Alle wollen doch Geld aus Brüssel“. Weiche Standortfaktoren, sind sich Müller und Sitznachbar Oliver Schneck, Familientherapeut, einig, gewinnen an Bedeutung. Am Tisch spricht man über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, von Wohnraum, der bezahlbar ist, von Faktoren, die helfen, um Mitarbeiter zu halten. Ulrike Müller: „Man muss die Zufriedenheit der Menschen in den Blick nehmen.“ Wertschätzung sei ein hohes Gut. Sie war, stellt sich im Gespräch heraus, eine der 3000 ausgewählten Tönisvorster Bürger, die einen Fragebogen zum Thema Stadtentwicklung 2035 zugesandt bekommen haben. „Ich habe mitgemacht.“ Das Thema Mobilität ist ihr wichtig.

Da schließt sich der Kreis vom Lokalen zur Metropolregion Rheinland. Ideengeber brauchen alle. Thomas Müller lässt einen Gedanken da: „Warum nicht zentrale Pendelstrecken zwischen Tönisvorst, Kempen oder Willich schaffen, von Marktplatz zu Marktplatz, regelmäßig wie den Bürgerbus.“ Sein „kleiner“ Impulsvortrag für eine Region der Pendler.