„Vater der Religionen“ - Drei Wege zum Gipfel
Über Abraham, den „Vater der Religionen“, sprachen ein Rabbi, ein Imam und ein evangelischer Pfarrer.
Willich. Die Deutsch-Türkische Union hatte zu einer interessanten Veranstaltung eingeladen: In der Moschee an der Bahnstraße lautete das Thema „Abraham, Vater der Religionen“.
Ahmet Tasci, Imam der Islamischen Gemeinde Willich, der evangelische Pfarrer Rolf Klein sowie Mendel Wagner, Rabbi der Jüdischen Gemeinde Krefeld, machten deutlich, dass alle drei Religionen ein und denselben Ursprung haben.
Kerim Isik, Vorsitzender der Deutsch-Türkischen Union Willich, erklärte den rund 50 Besuchern gleich zu Beginn, dass der Abend nicht zur Klärung politischer Fragen dienen solle. Schon allein die Tatsache, dass die Vertreter der drei Weltreligionen friedlich an einem Tisch saßen, hatte allerdings eine politische Komponente.
Mendel Wagner beschrieb, wie sich Abraham für den Monotheismus stark gemacht hatte — keine Selbstverständlichkeit, schließlich habe dessen Vater Gottheiten aus Stein produziert. Abraham, ein Inbegriff für Güte, zerstörte die Werke des Vaters, wurde dafür ins Feuer geworfen, ohne Schaden zu nehmen. „Abraham war der erste Patriarch des jüdischen Volkes“, erklärte der Rabbi. Er ging auch auf die schwere Prüfung ein, wonach er seinen trotz aller Widrigkeiten gezeugten Sohn opfern sollte.
Pfarrer Rolf Klein bezeichnete Abraham als den „Vater des Glaubens“. Abraham habe der Kraft Gottes vertraut — und er hatte von Gott die Zusage bekommen, dass er eine neue Heimat finden werde. „Dass Gott zu den Menschen spricht, verbindet die drei Religionen“, erklärte Rolf Klein. Dass Abraham seinen Sohn opfern sollte, bereite ihm Bauchschmerzen: „Dieser eine Gott will keine Menschenopfer — da atmet Rolf Klein als Vater zweier Söhne auf.“
Ahmet Tasci machte erstaunliche Parallelen zwischen dem Islam und dem jüdischen Glauben aus. Und er erkannte Abraham an als den Stammesvater aller drei monotheistischer Religionen. Ibrahim, also Abraham, sei ein Rechtgläubiger gewesen: „Er war weder Jude, Christ noch Moslem, deshalb kann ihn keine Religion für sich beanspruchen“, sagte der Imam.
Mendel Wagner bezeichnete Juden und Muslime als Halbbrüder, erklärte aber auch, dass es bei vielen Themen keinen gemeinsamen Nenner gebe. Klein benutzte folgende Metapher: „Gott ist wie ein Berg — die einzelnen Religionen sind die Wege, die zum Gipfel führen. Keiner kann sagen, welcher Weg der richtige ist.“