Kabarett in Tönisvorst Wilfried Schmickler – 69 Jahre alt und kein Bisschen milde

St. Tönis · Gewohnt bissig schoss Wilfried Schmickler bei seinem Auftritt auf Einladung des Stadtkulturbundes gegen AfD, Querdenker, aber auch die Ampel in Berlin.

Auch 2024 ist Wilfried Schmickler trotz seiner 69 Jahre kein bisschen milde bei seinem Auftritt im Forum Corneliusfeld.

Foto: Sven Schalljo

(svs) Ganz ausverkauft ist das Forum Corneliusfeld nicht. Doch rund 400 Besucher haben sich eingefunden, um einen der großen politischen Kabarettisten Deutschlands zu sehen: Wilfried Schmickler. Der heute 69 Jahre alte, vielfach preisgekrönte Satiriker, der über Jahrzehnte gemeinsam mit Jürgen Becker die WDR-Show „Mitternachtsspitzen“ moderierte, ist eine Institution in St. Tönis. Seit rund 30 Jahren ist er, wie er selbst zum Ende seines Programms sagt, Dauergast in St. Tönis. Und das wird auch vom Publikum honoriert. Seine Auftritte sind stets bestens besucht.

So auch bei der Ausgabe 2024, in der sich Schmickler einmal mehr in gewohnter, bissiger Form präsentiert. Sein Programm „Es hört nicht auf“ strotzt vor verbalen Angriffen gegen alle, die in Deutschland Intoleranz, Hass und Demagogie verbreiten. Seine Lieblingsziele sind und bleiben die AfD oder die sogenannten Querdenker, die zur Spaltung des Landes beigetragen hätten, wie er sagt. Vor allem seine stakkatoartigen Tiraden, für die Schmickler seit jeher berühmt ist, begeistern auch heute noch das Publikum. Trotz seiner 69 Jahre ist der Kabarettist kein bisschen milde. Im Gegenteil! „Seit über 65 Jahren muss ich mir anhören, was in Deutschland angeblich nicht gesagt werden darf. Nie standen die Türen des Sagbaren so weit offen wie heute“, ruft er in den Saal und kritisiert damit scharf die stetig wachsende Gruppe derer, die angebliche Sprech- und Denkverbote anprangern. Er spricht über die Ampel in einer Form, die zunächst irritiert. Ein Hauptproblem dieses Landes sei die letzte Generation, die nur darauf bedacht sei, selbst gut dazustehen und sich medienwirksam in Szene zu setzen, anstatt wirklich etwas zu verändern, ruft er. Ein kleiner Moment Pause, dann ergänzt er: „Ich rede aber nicht von den jungen Menschen mit Kartoffelbrei und Sekundenkleber, die versuchen, nach ihren Möglichkeiten etwas zu tun. Ich rede von der letzten Generation Politiker, die wirklich etwas ändern könnte. Von den Lindners, Wissings, Scheuers und Dobrindts, die mit ihrer Politik alles aktiv verhindern, was in eine gute und richtige Richtung ginge“, ruft er der Menge zu und erntet großen Applaus. Noch größer fällt der aus, wenn er über die AfD spricht. „Vor der vergangenen Bundestagswahl haben sie versprochen, alle Rechtsextremen aus der Partei zu werfen. Aber dann haben sie noch einmal durchgezählt ...“ Den Rest lässt er offen, das Publikum aber versteht und spendet einmal mehr Applaus, die Lacher allerdings bleiben ein Stück weit im Halse stecken. Sein Parforceritt durch die Themen macht auch vor „Querdenkern“ nicht Halt. In der Krise hätten zunächst alle verständnisvoll reagiert. „Aber dann kommen schnell diese Volksverhetzer und instrumentalisieren die Angst der Menschen für ihr widerwärtiges Süppchen. Das verbal Erbrochene nehmen dann die Höckes und Weidels auf den Marktplätzen auf und kochen es zu einer ekelhaften braunen Soße auf“, sagt er. Schmickler wird sicher nicht jünger, seine Programme verlieren aber keineswegs an Biss, und auch im kommenden Jahr wird er sicher wieder im Forum anzutreffen sein. Zuvor übrigens präsentiert der Stadtkulturbund Schmicklers Nachfolger bei den Mitternachtsspitzen, Christoph Sieber. Der ist am 14. März im Forum zu Gast und präsentiert sein Programm „Weiter machen!“.

(svs)