Bürgermeisterwahl 2020 „Wir wollen das Ding gewinnen“

Willich · Wahlkampf XL in Willich: Bürgermeister-Kandidat Christian Pakusch erlebt nach einer Zeit der Unentschlossenheit in der CDU nun eine motivierte Mannschaft.

Christian Pakusch hat Anfang Juni das parteiinterne Duell deutlich für sich entschieden und tritt als Bürgermeister-Kandidat der CDU in Willich an.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Er kennt die Mechanismen von  Lokal-, Kreis- und Bundespolitik. Er beschäftigt sich beruflich und pesönlich in Vollzeit mit politischen Fragen in Berlin und in Willich und ist fest entschlossen, nach 21 erfolgreichen Josef-Heyes-Amtsjahren die Bürgermeister-Ära der Christdemokraten im Neersener Schloss fortzusetzen. Ein Gespräch mit CDU-Kandidat Christian Pakusch.

Herr Pakusch, mittlerweile müssten Sie eigentlich jeden Willicher einmal zum Gespräch getroffen haben, so umtriebig und in hoher Taktung wie Sie Ihren Bürgermeister-Wahlkampf betreiben. Haben Sie keine Angst, dass Ihnen die Puste ausgeht?

Christian Pakusch: Aktuell noch nicht. Aber ich gebe zu, dass ich die Beanspruchung schon merke. Zum Wahlkampf kommt ja noch mein Job on top, die Büroleitung für Uwe Schummer. Er unterstützt mich. Aber ich bin nicht freigestellt. Herr Pakusch darf sich nicht auf die Luftmatratze legen. Der Vollzeitjob läuft parallel weiter. Wenn auch im Homeoffice. In Berlin bin ich logischerweise aktuell während der Corona-Pandemie nicht – dies auf Anordnung des Bundestagspräsidenten. Gerade verwende ich meinen Jahresurlaub. So konnte ich morgens zum Markt nach Willich, dann weiter nach Anrath und, und, und. Abends beantworte ich dann doch wieder die E-Mails meines Chefs.

Wie lebt es sich als öffentliche Person? Fühlen Sie sich in der Rolle wohl?

Pakusch: Mir ist schon wichtig, noch einmal zu betonen: Das ist keine One-Man-Show bei uns. Wir sind 24 motivierte Kandidaten. Und noch viel, viel mehr. Beim Plakatieren waren 70 Leute da. Zum Vergleich: Bei der Europawahl waren wir zu viert. Als die Plakate hingen und ich das erste Mal an meinem Gesicht an der Laterne vorbeifuhr, war das ein neues Gefühl. Auch wenn ich davor schon in der Öffentlichkeit in Willich stand und viele Wahlkämpfe mitbegleiten durfte. Wenn man der Spitzenkandidat ist, muss man damit erst mal zurechtkommen. Es hat sich natürlich etwas verändert, wenn Sie pro Tag zwischen 25 und 40 Mails bekommen, die ihnen sagen, „Pakusch, meine Hochzeit kann nicht stattfinden“, „Pakusch, ich möchte nicht, dass mein Kind eingeschult wird“, „Pakusch, die Baugenehmigung kommt nicht“. Das ist aktuell, was die Themen angeht, sehr vielfältig. Ich liefere, das gebe ich zu, jetzt nicht schon nach wenigen Stunden die Antwort. Weil ich das auch selber mache. Die Posts bei Facebook etc. machen mehrere Leute. Da gelten Absprachen. Sie wissen, wie ich spreche, wie ich schreibe. Sie haben Prokura.

Fleiß zeichnet Sie aus. Ausdauer offensichtlich auch. Ist ihr Antrieb auch gespeist von der Befürchtung, sonst nicht alles unter Kontrolle zu haben? Sind Sie der Stratege, der nichts dem Zufall überlässt?

Pakusch: Doch. Ich überlasse Sachen auch dem Zufall. Viele Ideen, die entstehen, sind Zufall. Die zum Auto für meine mobile Pressekonferenz im Januar ist zwei Nächte vorher geboren. Aber klar steckt hinter dem Wahlkampf Strategie. Aber es ist alles „handmade“. Da steckt keine Agentur dahinter. Es sind alles eigene Ideen. Man muss sehen, was richtig ist, was falsch, und auch mal nachsteuern. Ich habe Wahlkampf von der Pike auf gelernt. Und ich packe mit an. Der Teamgedanke fließt da durch. Da ist viel Spirit im Team. Die laufen alle. Da habe ich nach der langen Zeit der Unentschlossenheit bei uns in der Partei, der Vakanz, nicht mit gerechnet, dass wir das so schnell reinbekommen.

Sie betreiben einen massiven, einen aufwendigen Wahlkampf. Wer bezahlt das alles?

Pakusch: Durch Parteispenden, ganz klar. Wir werden unterstützt, wie andere auch. Diesmal sind es erheblich mehr. Ich spreche Unternehmer aktiv an und werde angesprochen. Und es ist die Komponente „handmade“. Es sind im gut gemischten Team ganz viele Supporter, die durch ihre Kraft und ihre Fähigkeit unterstützen und Freundschaftsdienste erweisen. Paul Schrömbges zum Beispiel schaut auf die Texte, juristisch, stilistisch, recherchiert gegebenenfalls. Da ist die Unterstützung sehr stark gegeben.

Wie geht es Ihrer Partei nach dem Duell zwischen Ihnen und Johannes Bäumges um die Bürgermeister-Kandidatur?

Pakusch: Ich bin mit Herrn Bäumges durch den Wahlkreis gelaufen, habe mit ihm an Türen geklingelt. Wir zeigen uns gemeinsam. Dieses Foto bei Facebook und seine Gratulation an mich nach der Wahl dort hat viele Likes bekommen. Ich habe mittlerweile bestimmt vor rund 5000 Türen in Willich gestanden. Die Stimmung in der CDU ist gut. Ich bin selber positiv überrascht, wie schnell sich die Fronten geglättet haben. Dass nicht alle in der CDU-Familie sagen, „der Pakusch ist mein Traumkandidat“, das weiß ich auch. Wir wollen das Ding gewinnen. Da gehören die christlichen Werte dazu. Der Zusammenhalt auch. Wir machen schon neun Monate Wahlkampf. Eine verdammt lange Zeit. Aber darin sehe ich auch eine Chance. Denn in den ersten Monaten des Jahres wurde nur über die CDU gesprochen.

Schaffen Sie den Sprung ins Bürgermeisterbüro im ersten Wahlgang?

Pakusch: Wenn es gleich klappen würde, würde ich mich freuen. Alle drei Kandidaten wissen, bei einer Stichwahl ist die Wahlbeteiligung immer niedriger.

Sie haben ein Ziel für die Willicher CDU ausgegeben: 50 plus, die absolute Mehrheit. Das würde zum Allein-Regieren reichen. Ist das für Willich erstrebenswert? Droht man da nicht den politischen Austausch auf Augenhöhe zu verlieren?

Pakusch: Ich kann Ihren Einwand absolut nachvollziehen. Aber ich will auch meine Mannschaft motivieren. Ich erinnere mich noch gut daran, wie die Gespräche nach der Wahl 2014 gelaufen sind. „Für Willich“ unterstützt jetzt Claudia Poetsch, die grüne Bürgermeister-Kandidatin. Das können sie tun. Ich aber möchte Bürgermeister für alle politischen Parteien sein, auf der Basis der Neutralität, und wir in der CDU werden auch ein Miteinander prägen, mit Personen wie Guido Görtz und Paul Schrömbges.

Welche Erwartungshaltung haben die Menschen, die Sie in diesen Wochen treffen, an Sie? Junge Leute beispielsweise?

Pakusch: Ein Beispiel: Ich war in Wekeln. Der Treffpunkt junger Leute am See ist dort ein Riesenthema, Lautstärke, Müll etc. Ich bin jetzt bei zwei Familien eingeladen, um das mal zu erleben. Und dann war ich dieser Tage abends am Neersener Schloss, auch ein Treffpunkt für Jugendliche. Ich bin einfach mal hin, habe das Gespräch gesucht und wir haben eine Stunde lang gequatscht. Feedback: „Endlich hört uns mal einer zu und meckert nicht gleich.“ Das ist das, was ich will: zuhören, über meine neuen Formate, auch digitale, um mehr Leute zu erreichen. Ich habe bereits mit Schulleitern gesprochen, um einmal im Jahr mit Oberstufenschülern ins Gespräch zu kommen.

Wo sehen Sie Ihre persönlichen Stärken?

Paksuch: Ich bin Zuhörer. Meine Stärke ist meine Hemdsärmlichkeit. Meine niederrheinische Frohnatur. Meine Verlässlichkeit. Auch mal ein Nein von mir zubekommen. Die Erfahrung durch 16 Jahre im Stadtrat und zehn Jahre als Ausschussvorsitzender. Viele sagen mir, „Sie sind aber tief im Thema drin“. Und ich bin sehr motiviert. Sehr, sehr motiviert. Manchmal übermotiviert.

Was packen Sie für Willich als erstes an, wenn Sie gewählt werden?

Pakusch: Verkehrsprojekte. Die Anschlussstelle Münchheide. Das wird der erste Griff zum Telefon sein. Ich will Druck machen, fragen, „wann passiert endlich was“. Wie viele Pendler und Arbeitnehmer täglich entnervt zur Arbeit kommen, weil die Zeit im Stau liegen bleibt. Ich will, dass man Gesellschafter der Regiobahn wird, ganz klar. Und Klarheit am Schiefbahner Dreieck. Dass dort Ruhe einkehrt. Da sind wir noch in der Schwebe. Ich werde in den ersten 100 Tagen erst einmal die Altbaustellen abräumen, dann mit dem Clean Desk beginnen, nach vorne gucken. Corona und die Folgen für Gastronomie und Einzelhandel werden uns in Willich noch begleiten und fordern.

Nennen Sie drei Top-Themen, die Sie in den nächsten Jahren umgesetzt haben wollen?

Pakusch: Mobilität, die Regiobahn-Verlängerung, die Radwege. Wir reden seit fünf Jahren darüber, wie wir das Radwegenetz schöner machen können. Die Hochstraße in Schiefbahn wird Fahrradstraße. Da sollte man man nicht mehr drüber diskutieren. Wohnen ist ein weiteres Thema. Die Katharinenhöfe sind da ganz weit vorn, da müssen wir Baurecht schaffen. Dann noch x-Projekte in Neersen. Und im dritten Bereich fasse ich „Familien, Arbeit und Digitalisierung“ zusammen – da sind wir an vielen Stellen schon gut unterwegs. Aber es gibt noch Baustellen. Wenn ich nur daran denke, dass auf der Straße von Neersen und Schiefbahn Gespräche im Funkloch abbrechen – das darf nicht sein.

Politisch pflegen Sie den Teamgedanken. Wie gut ist das Team in der Stadtverwaltung? Wo machen Sie noch Schwächen aus?

Pakusch: Ich möchte Kümmerer für große und kleine Anliegen der Mitarbeiter sein. Sicher werde ich Arbeitsprozesse modernisieren. Meine große Chance ist es, dass ich nicht aus der Verwaltung komme, ich aber natürlich Bilanzen und Gesetze lesen kann. Zur personellen Seite: Als Bürgermeister muss ich Unterstützung haben, eine gute Vorbereitung, was in den Ausschüssen besprochen wird, wo es Probleme gibt, Einschätzung zu Themen. Ich brauche einen Referenten, werde aber keinen mitbringen. Da sind gute Leute im Verwaltungsapparat und eine motivierte Mannschaft. Ich fühle mich da wie ein Nationaltrainer.

Sie verlieren in Kerbusch aber Ihren Schweinsteiger...

Pakusch: Ich verliere ihn nicht. Er bleibt noch und ist auch als Geschäftsführer der Grundstücksgesellschaft weiter an der Seitenlinie.

Was nehmen Sie von langjährigen politischen Wegbegleitern in Willich mit? Von Uwe Schummer? Von Willy Kerbusch? Von Josef Heyes?

Pakusch: Von Uwe Schummer Fleiß und Disziplin und die klare Haltung: Jeder Brief, jede Anfrage aus dem Heimatkreis wird beantwortet. Von Willy Kerbusch die Besonnenheit, die Handschlag-Mentalität und das Macher-Gen. Josef Heyes und ich sind uns sehr ähnlich: seine Bürgernähe, seine Energie, sie ist auch meine.

Sie sind jetzt seit mindestens einem halben Jahr in einer beanspruchenden Wahlkampf-Situation. Wo finden Sie Ihren Ausgleich zum Stress?

Pakusch: Beim Glas Wein am Abend. Bei der Hitze bin ich sehr wenig gelaufen. Und ich habe Ewigkeiten nicht gegrillt. Das kommt zu kurz.

In der Politik muss man mit allem rechnen. Aus der Bundespolitik hat man gelernt, dass sogar ein Mister 100 Prozent einen Bonus schnell aufbraucht. Haben Sie einen Plan B, falls die Wahl nicht klappt? Nehmen Sie als Berlin-Kenner dann die Bundespolitik in den Blick?

Pakusch: Ich kämpfe für Plan A. Und bin davon überzeugt, ihn auch umzusetzen. Die Willicher CDU hat mittlerweile 800 Mitglieder. Es sind im Wahlkampf noch mehr geworden.

Haben Sie schon gewählt?

Pakusch: Nein, das mache ich am 13. September.

Wo und mit wem wollen Sie den Wahlsonntag und die Verkündung der Ergebnisse am Abend erleben?

Pakusch: Ich werde mit meiner Frau spazieren gehen, vielleicht in die Therme gehen, wenn das möglich ist. Ich verbringe den Tag mit der Familie. Und abends bin ich im Schloss.