Mönchengladbacher in Sorge Die Angst vor dem Baum

<irglyphscale style="font-stretch 97%;">Hardterbroich-Pesch</irglyphscale> · Neben dem Grundstück von Christa und Hans-Josef Jans steht eine kranke Buche. Das Paar befürchtet, der Baum könnte demnächst umstürzen, und verlangt daher von der Stadt, ihn zu fällen. Dem Urteil der Baumkontrolleure vertrauen die Jans nicht.

Die Buche, das Gartenhaus und Christa Jans’ skeptischer Blick: Die 68-Jährige fragt sich, wie lange das noch gut geht.

Foto: Ja/Knappe, Joerg (jkn)

Fällt er oder fällt er nicht? Das ist die Frage, die sich Christa und Hans-Josef Jans stellen. Das Rentnerehepaar bewohnt ein Einfamilienhaus in Pesch. Sein banger Blick richtet sich auf einen Baum – genauer gesagt eine Hainbuche, die gleich hinter dem Gartenzaun in einer städtischen Grünanlage steht. Der Buche gehe es nicht gut, sagt Christa Jans und deutet auf die Baumrinde, die im unteren Bereich des Stamms aufgeplatzt ist und den Blick auf vermeintlich morsche Stellen freigibt: „Ich traue dem Baum nicht.“ Er drohe jederzeit umkippen – „auch wenn ich nichts beschwören will“, wie die 68-Jährige betont.

Das Grundstück der Jans ist von hohen Laubbäumen umgeben. Auf der einen Seite liegt die Grünanlage an der Karl-Kämpf-Allee. Richtung Herz-Jesu-Kirche – da, wo die Buche steht – ragen ebenfalls viele Bäume in den Himmel. Eigentlich wüssten sie den Anblick ja sehr zu schätzen, beteuert Christa Jans.

2014 stürzte der schwere Ast einer Eiche auf Hecke und Gartenzaun von Hans-Josef und Christa Jans.

Foto: Christa Jans

Auf dem eigenen Grundstück hat das Ehepaar allerdings keine großen Laubbäume stehen. Dafür gibt es neben einer großzügigen Einfahrt einen kleinen Ziergarten mit Rasenflächen, Buchsbaumhecken, einer Pergola für Rankenpflanzen und Christa Jans’ ganzem Stolz: ein englisches Gewächshaus, in dem sie seit sieben Jahren Tomaten und Gurken zieht. „Das war mein absoluter Traum, darauf habe ich hin gespart“, sagt die 68-Jährige. Sollte die fünf Meter entfernt stehende Buche in diese Richtung umkippen, wäre es wohl um das Gewächshaus geschehen. Doch Christa Jans denkt vor allem an die Kinder, die auf dem Weg zur nahegelegenen Grundschule und zum angrenzenden Kindergarten an der Buche vorbeikommen: „Die Schulkinder tun mir leid. Ich will nicht hoffen, dass Bäume vor Menschen gehen.“

Mit ihrer Sorge haben sich die Jans zuletzt im Spätsommer 2024 an die Stadt gewandt. Ein Mitarbeiter der Sachbearbeitung Baumschutz bei der Mags gab Antwort; der Schriftwechsel liegt unserer Redaktion vor. Die Buche habe einen Blitzschaden; daher blättere die Rinde ab, was jedoch Teil des Heilungsprozesses sei. Zudem bestätigte die Mags einen Pilzbefall, der sich daran angesetzt habe. Der Baum werde in Zukunft häufiger kontrolliert, von ihm gehe aber „keinerlei unmittelbare Gefahr“ aus.

Doch das Urteil des zertifizierten Kontrolleurs beruhigt Hans-Josef und Christa Jans kein bisschen. „Wenn sie mich mit kranken Bäumen im Stich lassen, hört der Spaß auf“, sagt Christa Jans. Bei jedem Sturm habe sie Angst. Sie zeigt Fotos von zahlreichen kleineren Ästen, die bei einem starken Wind vor drei Jahren auf ihren Garten niederprasselten.

Christa Jans legt den Finger in die Wunde der Buche, von der sie findet: Sie muss gefällt werden.

Foto: Ja/Knappe, Joerg (jkn)

Außerdem gibt es eine Vorgeschichte. 2014 brach bei einem Sturm ein mächtiger Ast aus der Krone einer Eiche an der Karl-Kämpf-Allee ab und stürzte auf den hinteren Bereich ihres Grundstücks. „Unsere Gartenanlage war ein Schlachtfeld“, sagt Christa Jans. Auch damals hätten sie und ihr Mann die Stadt im Vorfeld mehrfach vor dem Baum gewarnt und die gleichen Antworten erhalten. Die Kerbe, die damals in die Kirschlorbeerhecke der Jans geschlagen wurde, kann man noch mehr als zehn Jahre später gut erkennen. Christa Jans ärgert sich noch heute: „Den Schaden beheben mussten wir damals selber“. Ihre Versicherung bezahlte immerhin einen neuen Gartenzaun. Die Stadt schnitt die Eiche in der Folge stark zurück. Inzwischen rage sie aber „schon wieder munter zu zwei Dritteln über unser Grundstück“.

Auch sonst hat Christa Jans mit dem vielen Grün ringsherum ihre liebe Not – angefangen mit dem Laub im Herbst. 57 Säcke mit 200 Litern Fassungsvermögen bekomme sie damit jedes Jahr gefüllt. Dabei leistet ihr ein elektrischer Sauger Unterstützung, auf den jedes städtische Grünflächenamt stolz wäre. Außerdem haben sie und ihr Mann die komplette Terrassenpflasterung erneuern lassen, da diese durch die Blütenwolle im Frühling und Gerbstoffe der Blätter im Herbst „vollkommen hin“ gewesen sei, berichtet die Mönchengladbacherin. Und der Schatten, den die Bäume spenden, bewirke Pilz- und Flechtenbefall auf Steinflächen und schade unter anderem dem Rasen.

Insgesamt, so kalkulieren die Jans, hätten sie in den vergangenen 20 Jahren aufgrund der Bäume Kosten von 96.000 Euro gehabt. Was sie zusätzlich irritiert: In den vergangenen Jahren habe die Mags wiederholt Fällungen vorgenommen, deren Notwendigkeit das Paar anzweifelt – etwa an der Dahler Landwehr oder vor der evangelischen Kirche in Odenkirchen. Christa Jans hat entsprechende Presseberichte gesammelt und sagt: „Da steht man als Bürger da und hat den Mund auf.“

Auf der Fällliste der Mags steht die Hainbuche trotz der Bemühungen der Jans nicht. Das Unternehmen teilt auf Anfrage mit, dass der Baum regelmäßig kontrolliert werde. Weiter heißt es: „Von der Buche geht gegenwärtig keine Gefahr aus, denn der Schaden hat keine Auswirkung auf die Bruchsicherheit.“ Damit ein Baum gefällt werde, müsse er entweder abgestorben sein oder eine erhebliche Gefahr darstellen, die durch Beschnitt nicht behoben werden könnten. „Beides ist bei der Hainbuche an der Charlottenstraße nicht der Fall.“ Die Kontrollen würden fortgeführt: „Sollte sich der Baumzustand verschlechtern, werden wir weitere Maßnahmen durchführen, ggf. auch eine Fällung.“ Zudem weist die Mags darauf hin, „dass man auch bei einem gesunden Baum nicht zu 100 Prozent einen Astabbruch oder Umsturz ausschließen kann.“

Christa Jans schüttelt denn auch den Kopf, wenn man sie fragt, ob sie meint, dass der Baum in absehbarer Zeit gefällt werden wird. Dass er hingegen demnächst von selbst umkippen könnte – das hält sie für durchaus möglich.

(tg capf/leb)