Eine Historie des Rheydter Herzens

Der Marktplatz wird umgestaltet – Anlass, einen Blick auf seine Geschichte zu werfen.

Er ist der geschichtsträchtige Mittelpunkt Rheydts - und jetzt soll der Marktplatz - endlich - schöner werden und den Glanz früherer Zeiten zurück erlangen. Derzeit arbeiten sechs Architekten- und Planungsbüros an Entwürfen. Am Montag tagt das Preisgericht zum Abschluss des europaweit ausgeschriebenen Gestaltungswettbewerbes. Und fällt eine Entscheidung. Grund genug, einen Blick auf die wechselvolle Historie des Platzes zu werfen.

Die Initialzündung war die Verleihung des Marktrechtes an die Stadt Rheydt 1816. Der Markt, der sich zunächst auf einen Tag im Mai und einen im September beschränkte, sollte 1836 als feste Größe im städtischen Leben etabliert werden. Für die Menschen, die beruflich tätig und tagsüber verhindert waren, hatte er besondere Bedeutung. Anders als die wohlhabenden Bürger Rheydts konnten diese Menschen sich nicht direkt von den Bauern beliefern lassen. Allerdings gab es ein Problem - der Platz wurde langsam zu klein für den Markt.

Schließlich gelang es, den Platz bis zur Ankunft des preußischen Kronprinzen, des späteren Königs Friedrich Wilhelm IV, fertig zu stellen. Er wurde auf den Namen Friedrich-Wilhelm-Platz getauft. Am 3. Dezember 1896 wurde der neue Bauernmarkt vom preußischen Kronprinzen eröffnet. 1897 wurde das Rathaus neu gebaut. Zur Jahrhundertwende gesellten sich noch die evangelische Hauptkirche von 1902 und das königliche Bezirkskommando von 1900 zusammen mit bürgerlichen Häusern dazu. Es entstand ein harmonisches Gesamtbild um den Marktplatz.

Mehr und mehr wurde der Platz für politische Veranstaltungen genutzt. Am 27. Juni 1917 beispielsweise kam es zu einem Protestmarsch von Arbeiterfrauen und Kindern - sie demonstrierten gegen soziale Nöte als Folge des Ersten Weltkriegs. Auch die Befreiungsfeier nach dem Abzug der Alliierten am 31. Januar 1926 wurde auf dem Marktplatz abgehalten. Kurz nach der Machtergreifung Hitlers 1933 war der Platz Kulisse für antifaschistische Aktionen gegen das NS-Regime. Doch wenig später fanden am gleichen Ort auch Siegesfeiern der NSDAP und Ansprachen von Joseph Goebbels, dem Ehrenbürger Rheydts, statt.

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Rheydter Innenstadt zu 90 Prozent zerstört. Ein kompletter Wiederaufbau folgte. Das galt auch für den Marktplatz und die angrenzenden Gebäude. 1948 stellte der Stadtplaner Alfons Leitl entsprechende Ideen vor.

Als dominante Gebäude blieben die Hauptkirche sowie das Rathaus erhalten. Eine Blockrandbebauung fasste den Platz ein. Architektonisch orientierte sich die Bebauung an den Stil der Moderne. Ein gravierender Eingriff ist die Verschiebung der westlichen Platzkante um etwa 35 Meter nach Westen. Das führte zu einer Vergrößerung des Areals. Die Brucknerallee führte nun direkt auf den Marktplatz. In den 70er Jahren kam es mit dem Bau der Tiefgarage, der Pavillons und des Karstadt-Hauses zu weiteren Veränderungen. pmg/boe