Familientragödie: Mörderin in Psychiatrie
Das Gericht verurteilte gestern die Lürriperin Karima El M., die im Februar ihre Kinder erdrosselt hatte. Das war, wie der Prozess zeigte, der Höhepunkt einer Familientragödie.
Mönchengladbach. Mit ihrem Wagen stellte sich Karima El M. an einer Haltestelle vor einen Bus, bis ihr Mann aus diesem wieder ausstieg. Mit hunderten Anrufen innerhalb nur eines Tages versuchte die 37-Jährige, ihren Mann zur Rückkehr zu bewegen. Die Frau hatte Depressionen und multiple Persönlichkeitsstörungen, nahm diverse Medikamente. Am Ende tötete sie ihre Kinder.
In "existenzieller Verzweiflung", wie Lothar Beckers, Vorsitzender Richter, gestern sagte. 15 Jahre Haft, so lautet das Gesamturteil, das von der siebten großen Strafkammer aus zweimal 13 Jahren gebildet wurde. Nach Einschätzung der Richter habe die Frau in der Nacht zu Rosenmontag ihre Kinder ermordet; heimtückisch, da sie wehrlos waren.
Aber niedere Beweggründe und somit eine besondere Schwere der Schuld sah die Kammer nicht als erwiesen an. "Um dir wehzutun, gehe ich über Leichen", soll M. zwar einmal zu ihrem Ex gesagt haben. Trotzdem glaubten die Richter nicht, dass sie ihre Kinder, wie von der Staatsanwältin dargestellt, aus Rache tötete. Sie habe die Kinder "geliebt und immer gut für sie gesorgt".
Vielmehr sahen Beckers und seine Kollegen es als erwiesen an, dass die Frau gemeinsam mit den Kindern aus dem Leben scheiden wollte. Sie habe der Zweijährigen und dem Achtjährigen Beruhigungsmittel gegeben und sie dann "sanft erwürgt", um sich dann selbst zu töten.
Doch auch mit über 100 Schlaftabletten, die sie schluckte, sei ihr das nicht gelungen. Später soll sie noch versucht haben, sich an Lampenkabeln zu erhängen. Polizisten, die auf einen besorgten Anruf aus dem Umfeld von M. reagiert hatten und die Kinder tot in ihren Betten fanden, hatten in der Wohnung heruntergerissene Kabel, darunter Stühle, gesehen. Auch in der U-Haft wollte sie sich das Leben nehmen.
In der Urteilsbegründung, der ein gutes Dutzend Zuschauer im Landgericht folgten, berichtete Lothar Beckers vom Auf und Ab der Beziehung der gelernten Bürokauffrau zu ihrem Mann. Von Streit, Handgreiflichkeiten und der zweiten Schwangerschaft, als das Paar schon getrennt war, es aber trotzdem intime Begegnungen gab. Von der Zeit, als der Mann die Scheidung beantragte, wieder zurückzog und einem letzten großen Rettungsversuch: einem Familienurlaub in der Heimat Marokko.
Danach reichte er im August 2007 zum zweiten Mal nach der Trennung im Jahr 2004 die Scheidung ein. Und vor allem ging er eine Beziehung mit einer anderen Frau ein. Karima El M. versuchte weiter, ihren Mann zurückzugewinnen und soll dabei auch die Kinder instrumentalisiert haben. "Immer wieder erreichte sie, dass er kam, um sich um die Kinder zu kümmern", so Beckers.
Nachdem sie den Bus blockiert hatte, in dem ihr Ex nach Hause fuhr, wollte der Mann die Kinder weiter sehen, aber ohne persönlichen Kontakt zu ihr. In der letzten Phase der Auseinandersetzungen brach M. den Kontakt zu ihrer Familie so gut wie ab. Es gab keine Freunde.
Auf Anordnung des Gerichts wird M. nun in einer psychiatrischen Klinik untergebracht. Sie sei eine Gefahr für sich und andere. "Die Kinder sind jetzt weg, aber das heißt nicht, dass sie nicht für andere Menschen im nähren sozialen Umfeld gefährlich sein könnte", so Beckers.