Gestank, Schutt: Nachbarn empört
Explosionshaus: In Hermges verzögert sich der Abriss der Ruine. Die Anrainer sagen: „Wir werden noch krank.“
Mönchengladbach. Lydia Fuhrmann ringt nach Luft. Sie redet sich in Rage. "Wir leben hier seit fast fünf Monaten mit Dreck, Schutt, Gestank und Ratten. Am Montag sollte mit dem Abriss begonnen werden. Doch die kommen einfach nicht", sagt die Seniorin.
Die - das ist der Gladbacher Abbruchunternehmer Alexander Herzog. Ja, es stimmt, dass seine Leute am Montag anrücken wollten. Doch es gebe Probleme mit der Statik, sagt der Diplom-Ingenieur. Über die wolle man heute auch mit Vertretern des Stadt-Bauordnungsamtes reden. "Und dann legen wir los."
Für Lydia Fuhrmann und ihren Mann Eberhard "eine faule Ausrede". Sie hören immer noch den "gewaltigen Knall an diesem geruhsamen Sonntag des 9. März". Dann vernahmen sie nebenan, im "Explosionshaus" am Siepensteg Nr. 11, Schreie von Menschen - "und dann fiel alles zusammen". Ein 45-jähriger Hausbewohner starb wenig später, zahlreiche Menschen wurden schwer bzw. leicht verletzt.
"Das Trauma bleibt, aber diesen ganzen Dreck direkt an unserer Terrasse wollen wir nun endlich loswerden", fordert Eberhard Fuhrmann. Hier zu wohnen, das sei unerträglich, findet er.
Nachbar Peter Zabel, der sich auf Krücken abstüzt, weil er ein neues Kniegelenk bekam: "Durch die Hitze der vergangenen Tage stinkt es hier bestialisch." Als er am frühen Montagmorgen zur Toilette ging, habe er gleich mehrere Ratten auf seiner Terrasse dahinhuschen sehen. "Wir leben hier in menschenunwürdigen Verhältnissen", sagt er. Seine Frau nickt. Sie erholt sich von einem Herzinfarkt.
Eine Etage über den Fuhrmanns und Zabels wohnt die junge Familie Ugur. Töchterchen Cagla hält sich kaum noch in ihrem rückwärtigen Zimmer mit Blick auf Müll und Bauschutt auf. Das Fenster sei fast immer geschlossen - wegen des Staubs und der ekelerregenden Gerüche. "Wir müssen hier raus", sagt ihr Papa Levant Ugur. Nicht nur wegen Cagla, sondern auch wegen des sechs Monate alten Babys.
Er habe sich auch an die städtische Wohnungsgesellschaft GWSG gewandt. "Doch die haben nichts für uns" sagt Ugur verzweifelt.
Sie alle haben lange darauf gewartet, dass die Reste des Todeshauses verschwinden. Eberhard Fuhrmann: "Die Stadt lässt uns im Stich, das empört mich."
Abbruchunternehmer Herzog "versteht, dass die Leute sehr verärgert sind". Aber man müsse Vorsorge treffen. So habe man mit den Eigentümern der direkten Nachbarhäuser von Explosionshaus Nr. 11 verabredet, dass die Giebel der Nebengebäude mit Ankern gesichert werden. Dafür seien ein paar Tage notwendig.
Wie lange der Abriss denn dauern werde? "In zwei bis zweieinhalb Wochen können wir fertig sein", sagt Herzog. Er hat in den Fluren der angrenzenden Häuser von Nr. 11 Aushänge kleben lassen. Überschrift: "Wir bitten um Verständnis."