Hautarzt bietet erste Online-Video-Sprechstunde in NRW an
Der Odenkirchener kann zum Beispiel Kontrollen bei den Patienten durchführen, Ferndiagnosen sind jedoch verboten.
Mönchengladbach. Wer kennt das nicht? Nach langem Warten ist der Patient endlich im Sprechzimmer des Arztes angekommen. Der Mediziner wirft einen Blick auf ihn, fragt, wie die verordnete Therapie wirkt, und nickt. Alles in Ordnung, weitermachen. Für fünf Minuten Arztgespräch hat der Patient eine halbe, unter Umständen auch eine ganze Stunde gewartet. Doch das kann sich nun ändern. Als erster Arzt in Nordrhein-Westfalen bietet der Odenkirchener Dermatologe Dr. Klaus Strömer seinen Patienten eine Online-Video-Sprechstunde an.
Der Hautarzt ist Präsident des Berufsverbandes der Dermatologen, von dem die Initiative, Online-Sprechstunden zunächst einmal probeweise anzubieten, ausging. Im Vorfeld war einiges zu klären. Medizinjuristen, die Kassenärztliche Vereinigung und die Bundesärztekammer wurden eingebunden. Rechtlich gesehen ist das Ganze Neuland, Ferndiagnosen sind schließlich ausdrücklich verboten. „Die Patienten müssen sorgfältig ausgewählt werden“, erklärt Dr. Strömer. Die Video-Sprechstunde sei beispielsweise geeignet bei chronischen Erkrankungen, wo der Arzt regelmäßig den Fortgang der Therapie zu kontrollieren hat. Oder auch bei postoperativen Kontrollen wie bei einem der ersten Patienten, die das Angebot testen. Bei ihm wurde gelasert. „Eine Hautkrebsvorstufe wurde so entfernt“, erklärt Dr. Strömer. Er betrachtet jetzt den Heilungsprozess auf dem Bildschirm, der Patient sitzt in seinem Büro in Köln. „Keine Rötungen oder Infektionen“, sagt der Arzt zufrieden.
Auch bei Pflegebedürftigen und in Altenheimen kann die Videosprechstunde sinnvoll eingesetzt werden. Dann stellen die Pfleger die Verbindung her, die Senioren müssen nicht mehr den Weg zum Arzt auf sich nehmen. Keinesfalls jedoch könne in einer Videosprechstunde eine Diagnose gestellt werden, betont der Dermatologe. Dafür muss der Patient natürlich weiterhin in die Praxis kommen.
Für das Online-Angebot wurde eine eigene Software entwickelt. Der Patient erhält beim Arztbesuch einen Code, bekommt dann per E-Mail eine Tan-Nummer zugesandt und findet sich zur vereinbarten Zeit im virtuellen Wartezimmer ein. „Er braucht dazu nur einen Laptop und eine Webcam“, sagt Strömer. Der Arzt kann die Fortschritte der Therapie begutachten, übliche Reaktionen oder Nebenwirkungen erklären. Alle sparen Zeit und Wege.
Bis Jahresende wird das Angebot nun in sechs Praxen bundesweit getestet. Im nächsten Jahr sollen 50 bis 100 weitere Praxen folgen. Die Kosten für die Videosprechstunden übernehmen die Privatkassen und unter den gesetzlichen Kassen die Techniker-Krankenkasse.
Auch bei anderen Kassen Versicherte können die Online-Sprechstunde nutzen, müssen aber 20 Euro zahlen. Während die Ärzte noch zurückhaltend reagieren, sind die Patienten meist positiv eingestellt. Klar, sie sparen auch viel Wartezeit. Viele Erfahrungen gibt es allerdings noch nicht — das Angebot ist ja erst ein paar Tage alt. „Wir testen eigentlich noch die Technik“, sagt der Arzt. Aber er ist überzeugt, dass das Ganze ein zukunftsweisendes Projekt ist. „So etwas entwickelt sich in einem zeitlichen Rahmen von bestimmt zehn Jahren“, stellt er fest. „Aber wenn es gut funktioniert, werden die Patienten darauf drängen.“