Krise im Portmonee
Viele Sparer wurden von ihren Banken falsch beraten und haben alles verloren.
Mönchengladbach. Edda Nowak hofft auf das Verständnis ihrer Kunden. Die Expertin von der Verbraucherberatung Mönchengladbach ist derzeit mehr als ausgelastet. "Es kann schon ein bisschen dauern, bis man an die Reihe kommt", sagt sie. Schuld ist die Finanzkrise. Die ist dort angekommen, wo sie am meisten weh tut: in den Portmonees der Menschen.
Die Geschichten, die die Beraterin zu hören bekommt, sind fast immer gleich: Die eigene Hausbank habe zu der Geldanlage in Zertifikate der Bank Lehman-Brothers geraten. Absolut sicher sei das, habe es geheißen, und jetzt sei das gesamte Ersparte weg. Die Vorstellung von milliardenschweren Hilfspaketen und Börsenkursen im Sturzflug ist eher abstrakt. Doch wenn 4000 Euro einer 72-jährigen Großmutter plötzlich weg sind, wird die Krise greifbar.
"Zu uns kommen viele Menschen, die durch die Pleite der US-Bank Lehman-Brothers Geld verloren haben", sagt Nowak. Die Verbraucherzentrale sammelt gerade solche Fälle, um auszuloten, ob ein Anspruch auf Schadensersatz besteht und eine Sammelklage Erfolg haben könnte. "In vielen Fällen wurden die Menschen von ihren Hausbanken falsch beraten", meint Nowak, "ihnen wurden riskante Lehman-Zertifikate verkauft, obwohl sie ausdrücklich angegeben hatten, nicht risikoreich investieren zu wollen."
300 Lehmann-Opfer haben sich landesweit bereits gemeldet. Zusammen haben sie etwa 5,5 Millionen Euro verloren. Den Rat-Suchenden macht Nowak allerdings nicht zuviel Hoffnung auf eine Entschädigung: "Es ist schwierig im Einzelfall nachzuweisen, dass jemand falsch beraten wurde."
Die unrühmliche Rangliste der Banken, die das Geld ihrer Kunden mit Lehman-Zertifikaten aufs Spiel gesetzt und verloren haben, führt nach Ansicht der Verbraucherberatung die Citibank an.
Hier habe es sogar ein echtes System gegeben, mit dem den Kunden die riskante Anlage untergejubelt worden sei. "Obwohl im Beratungsprotokoll das hohe Sicherheitsbedürfnis der Kunden festgehalten ist, hat man sie nach ihren Schilderungen zum Zertifikate-Kauf überredet und dann im Protokoll dokumentiert, dass dies auf ausdrücklichen Kundenwunsch geschehen sei", sagt Klaus Müller, Vorstand der NRW-Verbraucherzentrale.
Wegen des großen Andrangs ist Edda Nowak, wie sie sagt, "im Nachgang". 16Mönchengladbacher, die durch die Krise Geld verloren haben, betreut sie mit ihren drei Kollegen. Neun von ihnen haben in Lehman investiert. "Momentan reicht das Personal aber bei Weitem nicht aus", sagt sie. Das Telefon steht nicht mehr still.
Hauptsächlich geht es um Beträge unter 25 000 Euro, aber: "Die meisten Betroffenen sind ohnehin nicht auf Rosen gebettet", so Nowak. Die Krise bedroht Existenzen - nicht nur die der Banken.