Leben im Reich der Reiher
Im Wäldchen gegenüber dem Neuwerker Klärwerk hat sich eine Graureiher-Kolonie prächtig entwickelt. Das erfreut die Vogelfreunde.
<strong>Mönchengladbach. Eher ungelenk schwingt das Grautier Richtung Horst. Die Geräusche, die der storchengroße Vogel dabei ausstößt, sind kaum zu beschreiben. Doch im Wäldchen gegenüber dem Klärkwerk in der Donk werden sie registriert und mit ähnlichen Lauten erwidert. Der Grau- oder auch Fischreiher steuert direkt auf ein großes Nest in einem der wankenden Bäume zu. Ein weiterer grauer Vogel macht bereitwillig Platz. Es ist vermutlich das Männchen, das in stramm-aufrechter Haltung Wache hielt.
Ob es auf Eiern sitzt, das kann Ansgar Reichmann (47) nicht genau sagen. Jedenfalls das weiß der Biologe genau: Von März bis April brüten die Reiher drei bis fünf Eier aus. Reichmann, der sich mit Vögeln gut auskennt, ist erfreut bis verwundert darüber, dass im Wäldchen "so viel Leben ist". Graureiher-Leben.
Der rege Flugverkehr, das Schnäbeln und Gegackere im Wäldchen ist selbstverständlich auch den vielen Joggern und Radlern der Donk nicht entgangen. Gerade jetzt, wo auch das Brutgeschäft im Reich der Reiher ganze Anstrengung erfordert, bilden sich kleine Menschentrauben am Wäldchen.
Der Reiher-Population haben die Zweibeiner offenbar nicht geschadet. Vor dem Jahr 2000 wurden weder im Wäldchen noch in der Umgebung Schreitvögel aus der Familie der ardea cinerea gesichtet. Im Jahr 2000 entdeckten Vogelfreunde vier Paare. Deren Treiben blieb nicht ohne Folgen. 2001 waren es 15 Pärchen. Jetzt sind es 43.
Die genauen Zahlen stammen von der Biologischen Station, die im Auftrag des Niersverbandes in deren weitläufigem Einzugsgebiet die Wasservögel erfasst. Auch die Reiher werden zweimal im Monat gezählt. Entweder von Pleines, Reichmann oder ehrenamtlich Engagierten wie Leo Reyrink aus Mönchengladbach. Die Daten werden für das Rheinland zentral erfasst und ständig ausgewertet.
Die Vögel: "Graureiher sind emanzipiert", sagt Biologe Ansgar Reichmann. Vater und Mutter füttern die Kleinen. Der Reiher ist nicht immer monogam. Es kommt öfter vor, dass er/sie sich zur Paarungszeit im Frühjahr eine(n) andere(n) nimmt. Die Tiere bleiben auch im Winter, seit einiger Zeit dürfen sie nicht mehr gejagt werden.