Missbrauch: Mehr Eltern beraten

Der Verein Zornröschen hat im vergangenen Jahr zehn Prozent mehr Anfragen von Vätern und Müttern bekommen.

Mönchengladbach. Nein, eine Zunahme der Fallzahlen ist kein schlechtes Zeichen. Wenn bei Zornröschen, dem Verein gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen und Jungen, mehr Beratungsgespräche geführt werden, kann das etwas ganz anderes heißen.

"Es zeigt, dass die Sensibilität zunimmt", sagt Monika Schiffer vom Geschäftsführenden Vorstand des Gladbacher Vereins. Der stellte gestern seinen Tätigkeitsbericht 2007 und das neue Projekt "Mobile Beratung" vor.

448 so genannte Erstkontakte von Ratsuchenden verzeichnete das Team aus drei hauptamtlichen Mitarbeitern im vergangenen Jahr. Dabei waren zwei Drittel auf einen konkreten möglichen Missbrauchsfall bezogen. Zehn Prozent mehr Eltern von betroffenen Kindern als im Jahr 2006 wandten an die Berater. Beim restlichen Drittel handelte es sich um Profis, Anwälte, Lehrer, Kindergärtnerinnen, die wissen wollten, welche Hilfe der Verein Betroffenen bieten kann.

Für solche Klientel werden inzwischen Fortbildungen angeboten. "Sexueller Missbrauch kommt in der Ausbildung von Erzieherinnen und Sozialarbeiterinnen nämlich nicht vor", sagt die Mitarbeiterin für Prävention, Sigrid Mattauch.

"Weil sexueller Missbrauch keine sichtbaren Spuren hinterlässt, erscheint das Opfer oft nicht glaubwürdig", sagt Mattauch. Ihre Kollegin Reinhild Beermann hat beispielsweise rund 15 Kinder und Jugendliche auf ihre Zeugenaussage in Missbrauchsprozessen vorbereitet.

"Dabei muss man denen klar machen, dass es nicht läuft, wie bei den Gerichtssendungen im Fernsehen." Viele fürchten sogar, dass ihr Prozess im TV zu sehen sein wird. Beerman zeigt den Kindern und Teenagern das Gerichtsgebäude, stellt ihnen kurz den Richter vor und macht ihnen klar, dass ein Freispruch für den Angeklagten nicht bedeutet, dass der Missbrauch nicht stattgefunden hat.

Auch das neue Projekt "Mobile Beratung" ergibt sich aus den Erfahrungen der Vergangenheit. "Da rufen Lehrer an, weil sich ein Jugendlicher beispielsweise im Rahmen einer Projektarbeit offenbart hat, und sie wissen nicht, was sie tun sollen."

Sie befürchten außerdem, dass sie den Weg in die Beratungsstelle alleine nicht schaffen werden, berichtet Brigitte Bialojahn. Wenn irgend möglich, fährt eine Kollegin aus dem Team dann hin und nimmt den Faden sofort auf. "Aber zwei von uns haben kein Auto", benennt sie ganz praktische Schwierigkeiten. Insgesamt ist die Finanzierung schwierig. Einen großen Teil der Kosten versucht der Verein, über Spenden zu finanzieren.

Wieviel der bei ihm bekannt gewordenen Fälle zur Anzeige kommen, hält der Verein nicht nach. Hilfe für die Betroffenen sei etwas anderes als strafrechtliche Verfolgung. Wichtiger sei, die Kinder und Jugendlichen aus dem schädlichen Umfeld herauszuholen. Dabei arbeitet der Verein intensiv mit dem Jugendamt zusammen.