Rückblick: Der Bunte Garten zum Fühlen
Vor 25 Jahren erschien der erste und letzte Stadtplan für Blinde und Sehbehinderte.
<strong>Mönchengladbach. Die Münster-Kirche ist aus Holz, der Bunte Garten eine kleine Schmirgelpapierfläche, der Hauptbahnhof eine Bleikugel. Vor 25 Jahren veröffentlichte das Stadt-Vermessungsamt einen Stadtplan für blinde und sehbehinderte Menschen. Die 40 mal 50 Zentimeter große Kunststoffplatte befindet sich heute im Stadtarchiv. Straßen, Gebäude oder bekannte Orte in Mönchengladbach - alles kann auf dem Plan, der wie ein plastisches Modell der Stadt aussieht, ertastet werden. Die Institutionen und Plätze bestehen aus fühlbaren Strukturen, eine Legende in Blindenschrift hilft bei der Orientierung.
Einen neuen Plan wird es nicht geben
"Der Plan ist toll", finden Rudolf Hansen (52) und Manfred Wachten (68), die beiden langjährigen Vorsitzenden des Mönchengladbacher Blinden- und Sehbehindertenvereins. "Er ist allerdings eher etwas für neu hinzugezogene sehbehinderte Bürger, um ihnen zu zeigen, wo sich was in der Stadt befindet. Es ist schwierig, danach zu gehen, zumal er nicht in die Tasche gesteckt werden kann."
Einen modernen Plan in der extra für Blinde entwickelten Brailleschrift anzufertigen, sei nicht möglich. "Er müsste sehr groß sein, damit die Punktezeichen ertastet werden können", erklärt Wachten. Ein Problem sei zudem, dass nur wenige Sehbehinderte die Blindenschrift beherrschen.
In Gladbach beispielsweise seien etwa 500 Menschen blind oder sehbehindert. Mitglieder im Verein seien aber nur etwa 160 Bürger, davon habe auch nicht jeder eine Seheinschränkung. "Blindheit ist häufig eine Alterserscheinung. Die meisten unserer Mitglieder sind ältere Menschen. Für die ist es oft zu schwierig, die Blindenschrift noch zu erlernen. Jüngere machen sich die moderne Computertechnik mit Sprachansagen zu nutze", sagt Hansen.
Rudolf Hansen und Manfred Wachten sind ebenfalls beide seit vielen Jahren sehbehindert. Wachten hatte im Alter von acht Jahren einen schweren Unfall, Hansen leidet seit 30 Jahren an einer Erbkrankheit und erkennt nur noch grobe Umrisse. Sie wissen, wie es ist, wenn die Welt um einen herum dunkel ist. "Auf andere Menschen angewiesen zu sein, ist für viele Betroffene nicht einfach, auch Angehörige müssen lernen, damit klar zu kommen", sagt Wachten.
Deshalb beraten sie im Verein und stellen Kontakte her, unter anderem zu Mobilitätstrainingskursen, die dem Blinden den Alltag und den Umgang mit dem Handicap erleichtern.
Die Stadt Mönchengladbach loben die beiden vor allem wegen ihrer blindengerechten Verkehrssysteme. "An fast allen Kreuzungen und Ampeln gibt es Signalmelder und Noppen am Boden, die mit dem Stock ertastet werden können", so Wachten.
Verein Der Verein an der Albertusstraße wurde 1923 gegründet. Hier gibt es neben der Beratung auch Aktivitäts-Angebote wie einen Kegelclub.
Hördienst Er vermittelt täglich Neuigkeiten aus der Stadt unter der Telefonnummer MG 206 060.
Begegnungsstelle Sie ist an der Mozartstraße gegenüber dem Dorint-Hotel untergebracht. Hier können sich Betroffene austauschen. Weitere Infos unter MG 191873.