Schon als Kind wollte er auf den Kutschbock

Erst mit 36 Jahren machte Helmut Vinzens den Führerschein für Planwagen. Mit seinen Pferden Ilka und Max sorgt er in Gladbachs Straßen für Aufsehen.

Mönchengladbach. Man kennt ihn in Mönchengladbach. Wenn Helmut Vinzens auf dem Kutschbock sitzt und sich von seinen zwei Kaltblütern Ilka und Max durch die Straßen ziehen lässt, winken Spaziergänger ihm fröhlich zu. Immer wieder zieht er dann die langen Zügel an, gibt seinen Pferden mit einem lauten "Brrrr" das Kommando zum Halten und plaudert ein paar Worte mit den Menschen am Wegesrand.

"Es gibt kaum Kutscher in Mönchengladbach, die öffentliche Fahrten anbieten. Kein Wunder, dass mich dann alle grüßen", sagt der 50-Jährige. Seit 13 Jahren ist Vinzens in Gladbach ein Chauffeur der besonderen Art. Er setzt auf zwei Pferdestärken, um die Bürger durch die Stadt zu fahren.

Jedes Wochenende spannt er seine beiden Pferde im Venner Reitstall Klinken vor die Kutsche oder den Planwagen. Egal ob er frisch getraute Ehepaare von der Kirche abholt oder feucht-fröhlich feiernde Vereine auf einem Ausflug begleitet - Vinzens steigt für viele Anlässe auf den Bock.

Dort oben, sagt der hauptberufliche Bauunternehmer, fühle er sich wohl: "Ich kann abschalten, selbst wenn ich laut singende Partygruppen hinten im Planwagen habe. Das Hufklappern meiner Pferde entspannt mich."

Gleichmäßig und ruhig trotten die beiden Kaltblüter nebeneinander her. Die Autos, die an ihnen vorbei rasen, scheinen sie nicht zu stören. Als das Gespann sich einer Ampel nähert, schnalzt Vinzens mit der Zunge. "Los, ein bisschen schneller", fordert er die Tiere auf. Seite an Seite, mit dem Planwagen im Schlepptau, traben die Pferde in Richtung Geroweiher.

Eine Gruppe Touristen wartet dort, um Mönchengladbach bei einer Planwagen-Stadtrundfahrt kennen zu lernen. Vinzens hat seine Lieblinge Ilka und Max dafür auf Hochglanz gebracht, selbst die Hufe strahlen dank eines speziellen Fettes. "Wenn ich anfange, ihnen das Kutschgeschirr umzulegen, werden sie schon ganz aufgeregt. Sie machen das gerne", sagt der Pferdefreund.

Schon als Kind wollte er auf den Kutschbock. Doch erst vor 14Jahren machte er den Führerschein für Pferdekutschen und Planwagen. "Das war ein Kurs über viele Tage", erzählt er. Danach schaffte er sich seine Karossen an und kaufte die beiden Kaltblüter Ilka und Max.

"Für zwei so kräftige Pferde ist es kein Problem, dreieinhalb Tonnen über ein paar Stunden zu ziehen", erzählt er. Um sicher im Straßenverkehr unterwegs zu sein, sei nicht nur die regelmäßige Wartung der Kutschen oder Wagen nötig.

Vor allem müsse er sich vollkommen auf seine Vierbeiner verlassen können. "Umgekehrt müssen sie mir vertrauen, auf meine Stimme reagieren. Das ist neben den Fahrleinen die einzige Hilfe, die ich habe, um sie zu lenken. Wir müssen ein Team sein."