Spaziergang über den Dächern der Stadt

Perspektivwechsel: Eine Brücke verbindet bis zum 30. September die Hindenburgstraße und den Abteiberg und gibt neue Blickwinkel frei.

Mönchengladbach. In Gladbachs Höhen zieht und zerrt es an Mänteln und Schirmen. Es windet in Haaren und Jacken. Doch die völlige neue Perspektive hält die ersten Gäste auf der Brücke. Über den Dächern der Innenstadt zieht es den Blick in die Weite. Das diesige Wetter lässt derzeit zwar nur erahnen, wie fantastisch er bei klarer Sicht sein könnte. Aber die Besucher frieren trotzdem begeistert noch ein bisschen länger. Schauen nach Norden, Süden, Osten, Westen.

Gute Ideen brauchen ihre Zeit - 34 Jahre nachdem Museumsarchitekt Hans Hollein Entwürfe für eine direkte Verbindung des Museums Abteiberg an die Fußgängerzone in Gladbachs Innenstadt vorgelegt hatte, ist nun mit dem Bau einer Gerüstbrücke diese Idee vorübergehend Wirklichkeit. In 16 Metern Höhe führt ab heute eine 50 Meter lange Luftpassage über einen fünfgeschossigen Baublock von der Hindenburgstraße zur Krichelstraße.

"Stairways", zu Deutsch Treppenhaus, heißt dieses Bauprojekt, das drei Architekturstudenten entworfen und für 60 000 Euro verwirklicht haben. Das Trio von der Fachhochschule Bochum hatte erfolgreich an einem Wettbewerb teilgenommen, bei dem vier Universitäten fünf Entwürfe für eine Anbindung Stadt-Museum einreichten.

Die Entscheidung für den Bochumer Brückenentwurf fiel vor vier Monaten. "Wir waren am Unmöglichsten und am Präzisesten", erklärt der zuständige Professor Andreas Fritzen. Für Preisträger Moritz Gerigk gab es bei der Umsetzung zudem nur zwei Möglichkeiten. "Entweder eine Brücke durch die Häuser oder über die Häuser", so der Student.

Als "spektakulär" bezeichnet Gladbachs Baudezernent Helmut Hormes die Treppen-Brücken-Konstruktion, die im Rahmen der von der Landesinitiative StadtBauKultur ins Leben gerufenen Reihe "Temporäre Stadt an besonderen Orten" nun aufgestellt wurde. Hiermit sei vor allem der Gedanke der Integration realisiert worden, so Hormes. Das Projekt "Stairways" könne dafür sorgen, meint Hormes, dass das derzeit in der Sanierung befindliche "Museum in der Vakanzzeit mit seinem Problem in aller Munde ist".

Beeindruckt am Tag vor der Eröffnung zeigte sich Museumsdirektorin Susanne Titz. "Es ist gelungen, eine Vision und eine Irritation zu erzeugen", erklärte sie. So biete sich mit der Luftpassage nicht nur ein einmaliger und ungewöhnlicher Blick über die Gladbacher Innenstadt, sondern auch die Möglichkeit, das Museum der Öffentlichkeit näher zu bringen.