„Stolpern mit dem Kopf und mit dem Herzen“

Gunter Demnig verlegt 13 weitere Steine zur Erinnerung an die Naziverbrechen. Anwesend war auch ein Neffe von zwei Opfern.

Mönchengladbach. Leopold Grünstein war ein sehr herzlicher Mensch, der gern wanderte. „Wir haben in der Eifel wunderschöne Wanderungen gemacht“, erinnert sich Dan Goren an seinen Onkel. Leopold Grünstein lebte in der Regentenstraße im Haus Nummer 67, bis er von den Nazis 1941 nach Riga deportiert und 1942 ermordet wurde. Seine Frau Anna hatte zuvor Selbstmord begangen.

An diese beiden erinnern jetzt zwei Stolpersteine aus Messing vor ihrem letzten Wohnort. Der Kölner Künstler Gunter Demnig verlegte die Stolpersteine Nummer 229 und 230 in Anwesenheit von Dan Goren, der aus Israel angereist war, um bei diesem Akt des Gedenkens dabei zu sein. „Das bewegt mich sehr“, sagt der 88-Jährige, der in seiner Jugend selbst in Mönchengladbach gelebt hat und seinen Onkel häufig besuchte.

„Das ist eine Geste, die ich gar nicht hoch genug achten kann.“ Dan Goren selbst konnte 1939 im Zuge der Jugendimmigration als 13-Jähriger nach Palästina auswandern und entging so dem Holocaust. Er lernte Landmaschinenmechaniker und kehrte schon 1958 zum ersten Mal nach Deutschland zurück. Aber erst vor fünf Jahren kam er wieder nach Mönchengladbach. „Da habe ich meinen Kindern die Orte meiner Kindheit und Jugend gezeigt“, sagt er.

Goren hat zwei Kinder, sieben Enkel und acht Urenkel. Anlässlich der Verlegung der Stolpersteine nochmals herzukommen, war ihm ein besonderes Anliegen. Die Stolpersteine für Anna und Leopold Grünstein wurden von Paten bezahlt: dem Altenpflege-Kurs der Katholischen Bildungsstätte, dem im Rahmen des Unterrichtsthemas Kollektive Biographiearbeit die Idee zu der Patenschaft kam. „Wir wollten ein Zeichen setzen“, sagt Leonore Kurhasku.

Dass immer wieder gerade auch junge Menschen Interesse zeigen, freut Künstler Gunter Demnig besonders. „Durch die Stolpersteine wird das Schicksal Einzelner deutlich“, sagt er. „So werden die Entrechtung, die Demütigung, die Enteignung, die Ermordung fassbar.“ Damit erreicht man auch Jugendliche. So formulierte ein Schüler einmal angesichts der Steine: „Man stolpert mit dem Kopf und mit dem Herzen.“