(dne) Auf eine Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeiten haben CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP im Kreistag aufmerksam gemacht: Der Kreis strebt aktuell eine Zertifizierung als „Fairtrade-Kreis“ an. Zudem wurde bereits Mitte 2023 beschlossen, dass der Kreis Mettmann klimaneutral werden soll. Der Einkauf von Waren und Dienstleistungen für die Kreisverwaltung hingegen läuft nach Eindruck der drei Parteien wie eh und je.
Als Beispiel dafür wird die zentrale Beschaffung von Büchern und Lebensmitteln für die Schulen in Kreisträgerschaft genannt. Dabei sei der Politik aufgefallen, dass die Transportwege teilweise „unverhältnismäßig lang“ gewesen seien – obwohl dieselben Waren regional verfügbar gewesen seien. Fragen der Politik: Wie kann das sein? Und: Arbeiten die Einkaufenden im Kreishaus an einem Leitfaden für nachhaltige Beschaffung? Kleine Spitze: Die Stadt Remscheid hat bereits einen solchen Leitfaden und durch Bundesmittel finanzierte Mitarbeiter, die den Fachabteilungen bei der Umsetzung helfen.
Die Antwort der Verwaltung lässt sich als ein „Ja, aber…“ beschreiben. Bei Büromaterial, Papier oder Möbeln würden bereits Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigt. In den Ausschreibungen würden einschlägige und anerkannte Zertifikate wie der „Blaue Engel“ oder „FSC“ (Forest Stewardship Council – ein internationales Zertifizierungssystem für nachhaltige Waldwirtschaft) gefordert. Ob sich allerdings die ausgewählten Lieferanten dauerhaft an die verbindlichen Regeln der Zertifikate halten, könne nur schwer bis überhaupt nicht kontrolliert werden, heißt es in einer Antwort der Kreisverwaltung.
Und dabei handele es sich um zentral eingekaufte Güter. Noch laxer wird die Einkaufspraxis des Kreises offenbar von den Fachämtern gehandhabt. Die Vorgaben zur Nachhaltigkeit würden teilweise im Leistungsverzeichnis aufgenommen, heißt es in der Antwort. Mit ersten Fachämtern liefen derzeit individuelle Absprachen darüber, wie Nachhaltigkeitsaspekt künftig berücksichtigt werden könnten. Zur Erinnerung: Der Beschluss, nachhaltig zu wirtschaften, fiel vor zwei Jahren. Mehr noch: Bereits 2018 hat der Kreis Mettmann ein Klimaschutzkonzept erstellt und dabei eine Beschaffungsrichtlinie für nachhaltige Produkte als sinnvolle Maßnahme definiert und beschlossen. Das ist sieben Jahre her. Benachbarte Städte wie Solingen und Remscheid sind da längst viel weiter als der Kreis Mettmann. Auch dort wurde erst einmal Papier mit einer Beschaffungsrichtlinie beschrieben. Clever zapften die Entscheider danach aber Bundesmittel an. Aus denen werden – befristet für zwei Jahre – Manager finanziert, die auf die Einhaltung der Richtlinien achten und ratlosen Fachabteilungen konkret bei der Umsetzung helfen.
Die Kreisverwaltung hingegen hat alle Gründe dafür zusammengetragen, warum Nachhaltigkeit nicht so einfach in der Praxis umzusetzen ist. Die Bandbreite der einzukaufenden Produkte wie Bau- und Dienstleistungen sei „sehr umfangreich“. Daher müssten immer die „sehr unterschiedlichen Aspekte“ des jeweils zu beschaffenden Gegenstands berücksichtigt und außerdem rechtliche Vergabevorgaben eingehalten werden.
Außerdem sei die „Ressource Zeit“ zu berücksichtigen. Vergabeverfahren dürften nicht durch zu viele und überbordende Regelungen zu Langzeitprozessen werden. Das würde andere Ziele gefährden, wie etwa die zeitnahe Fertigstellung von Schulneubauten. Bei Einführung einer nachhaltigen Vergabestrategie müsse mit einem zeitlichen Mehraufwand gerechnet werden.