Herr Verhasselt, mit Ihrem neuen Programm „Kabarett 6.0: Mit euch ist es schöner!“ nehmen Sie erneut den Niederrhein in den Blick. Versiegt diese Inspirationsquelle nie?
Interview mit Stefan Verhasselt vor Auftritt in Sonsbeck „Den Mutterwitz habe ich vom Vater“
Interview | Kaarst · Der Kabarettist erzählt vor seinem Auftritt in Kaarst, warum er auch über sich selbst lachen kann.
Mit seinem sechsten Solo-Programm „Kabarett 6.0: Mit euch ist es schöner!“ nimmt der Ur-Niederrheiner Stefan Verhasselt einmal mehr seine Heimatregion aufs Korn und bringt wortwitzig die Irrungen und Wirrungen des alltäglichen Lebens auf die Bühne. Am Sonntag, 1. Dezember, will er ab 19 Uhr im Albert-Einstein-Forum durch die Eigenarten und Absurditäten der Gesellschaft führen. Wir haben mit dem WDR4-Moderator darüber gesprochen, warum sich der Niederrhein so gut für ein Kabarett-Programm eignet und wie die Menschen vor Ort reagieren, wenn man ihnen den Spiegel vorhält.
Stefan Verhasselt: Bis jetzt nicht, denn die Welt um uns herum überrascht ja immer wieder mit neuen Entwicklungen, Sichtweisen und Trends.
Was macht den typischen Niederrheiner denn aus?
Verhasselt: Wir lieben unseren Mikrokosmos sehr – bei einigen ist er sogar „der Nabel der Welt“. Und so haben wir eben auch zu allem eine Meinung, vielfach mit sparsamem „Halbwissen“. Das macht es unterhaltsam. Überhaupt lieben wir Niederrheiner Überhöhungen: Bei uns wird eben ganz schnell aus „nix“ „gar nix“, oder „überhaut gar nix“. Ich hab‘ es die „Niederrheinische Steigerung“ genannt. Und mit dem Datenschutz nehmen wir es auch nicht so genau, ich sag‘ immer: „Fake News“ wurden am Niederrhein erfunden. Sie beginnen meistens mit der Frage „Hasse schon gehört?“
Können die Menschen in der Region gut über sich selbst lachen?
Verhasselt: Die meisten von uns können es sogar sehr gut. Obwohl es aber neuerdings auch einige „Dünnhäutige“ mehr gibt als noch vor Jahren. E-Auto-Fahrer beispielsweise sind schon mal schneller pikiert über einen kleinen Gag.
Müssen Menschen, die Ihnen begegnen, damit rechnen, im nächsten Programm aufzutauchen?
Verhasselt: Es kommt darauf an, wieviel „Kabarett-Potenzial“ sie unwissentlich mitbringen. Ich habe eigentlich immer meine Augen und Ohren offen, wenn ich unterwegs bin: Im Urlaub, im Café oder auf der Autobahn, wenn E-Autofahrer ihre Kippen aus dem Fenster werfen. Überall wird man immer wieder unfreiwillig Zeuge kurioser Erlebnisse und Aussagen, die man einfach nicht erfinden kann.
Hat Sie schon mal jemand nach einem Auftritt angesprochen, weil er sich im Programm wiedererkannt hat?
Verhasselt: Ja, das passiert häufiger, und es ist für mich das schönste Kompliment, wenn Leute nach dem Auftritt sagen „Genau wie bei uns zuhaus“.
Sie selbst sind in Straelen aufgewachsen, leben heute in Kempen. Wie hat der Niederrhein Sie geprägt, welche regionalen Eigenarten haben Sie angenommen?
Verhasselt: Wenn man am Niederrhein geboren ist, kommt man ja glücklicherweise sehr schnell mit anderen Menschen ins Gespräch. Auch „auswärts“ erkennen wir Niederrheiner und auch Rheinländer uns ganz schnell an dieser offenen Kommunikationsart. Ich liebe den Karneval und überhaupt das gesellige Miteinander, bei dem über Gott und die Welt diskutiert wird.
Zur Region gehören auch Großstädte wie Düsseldorf oder Mönchengladbach. Funktioniert Ihr neues Programm auch auf den städtischen Bühnen?
Verhasselt: Ja, klar. Denn ich habe bei meinen Auftritten in den vergangenen 18 Jahren auf kleinen und größeren Bühnen festgestellt: Überall is en Stücksken Niederrhein – selbst in Düsseldorf, obwohl sie es offiziell nicht zugeben würden, dass auch sie Teil des Niederrheins sind. Übrigens, wenn ich im aktuellen Programm Szenen rund ums Sterben bringe, lachen sich die Leute „tot“, überall. Wie letztens in Bonn, aber eben auch in Schermbeck!
Ist ein Witz bei einem Ihrer Auftritte auch mal ins Leere gelaufen? Was ist passiert?
Verhasselt: Psst… in meinen Kabarettprogrammen erzähle ich gar keine Witze. Konnte ich noch nie. Es sind immer Stories aus dem Leben, kabarettistisch „überhöht“. Gut, wenn dann schon mal jemand mit einer Story, die ich erzähle, nicht so recht etwas anfangen kann, passiert dann eben auch nix. Macht aber nix. Gar nix.
Welche Art von Humor mögen Sie selbst? Gibt es für Sie auch No-Gos auf der Bühne?
Verhasselt: Ich liebe Mutterwitz – den habe ich übrigens tatsächlich von meinem Vater geerbt –, Wortspiele und schwarzen und klugen Humor. „No-Gos“ sind für mich Häme, Scherze über Menschen, die ein unverschuldetes Schicksal mit sich herumtragen, und Sprüche unterhalb der Gürtellinie.