Mit Humor und Tiefgang Poetry Slammer sorgen für Begeisterung
Haan · Der zweite Haaner Poetry Slam in der Aula des städtischen Gymnasiums überzeugte mit schrägem Humor und ernsten Tönen.
Die Aula des städtischen Gymnasiums war gut gefüllt. Das Publikum wartete mit Spannung auf die Auftritte der vier angekündigten Slam-Poeten. Doch zunächst stürmte Moderator Jan Schmidt die Bühne, um die Zuschauer adäquat auf die Auftritte vorzubereiten. „Die Regeln sind einfach“, erklärte er. Texte müssten selbst verfasst sein, der Auftritt dürfe nicht länger als sechs Minuten dauern und Requisiten, Kostüme oder sonstige Hilfsmittel seien verboten.
Eine wichtige vierte Regel galt für das Publikum. „Respect the poet“, forderte Schmidt. Also keine Buh-Rufe zur Bewertung der Beiträge. Aber die hatte sowieso kein einziger Vortrag der vier Künstler verdient, denn die Qualität der Texte war vom ersten Auftritt an auf hohem Niveau.
Der erste Beitrag kam von Björn Rosenbaum, der mit Familie in Dortmund lebt. Er befasste sich in seinem Text „Immer wieder freitags“ mit der Zeit, in der seine siebenjährige Tochter die Woche mit ihm verbringt und nicht bei seiner geschiedenen Frau. Dabei beschrieb er anschaulich die Vorfreude auf den Freitag, wenn sie endlich zu ihm kommt, beschreibt, wie aus dem Gammelleben ein wohl organisiertes Dasein wird, nur um von der Tochter wegen des leeren Kühlschranks gerügt und darauf hingewiesen zu werden, dass er niemals eine „charakterlich gestärkte, warmherzige und sexuell entgrenzte Frau“ finde, solange er über dem Sofa das Selfie von der längst nicht mehr existierenden glücklichen Familie hängen habe. „Die Lehrerin hat uns geraten, sie auf Hochbegabung testen zu lassen“, skandierte Rosenbaum: „Wir sollten sie auf Besessenheit testen lassen.“ Munter erzählte er, wie die Woche verläuft, bis er die Tochter dann wieder freitags zur Schule bringt, wo ihre Mutter sie abholt.
Ein Plädoyer
für Kinderrechte
Der zweite Text, den die Düsseldorfer Künstlerin Morgaine Prinz vortrug, war ein Plädoyer für Kinderrechte und eine Anklage an alle, die wegsehen, die sich nicht verantwortlich fühlen, die nicht da sind, wenn sie gebraucht werden. Der Satz „Bei Kindern handelt es sich nicht um Objekte“, war der Anlass für diesen Text, der intensiv und wortgewaltig die Übergriffigkeit beschreibt, mit der Kinder oft behandelt werden. „Warum werden Kinder ungefragt angefasst, ungefragt anderen in den Arm gelegt, warum wird ihnen ungefragt Essen in den Mund gesteckt?“, fragte Prinz. „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Unantastbar. Ich fühle mich von diesem Wort verspottet.“ Bewegend vermischte sie eigene Erfahrungen mit beobachteten und zog das Publikum mit ins Geschehen. „Realistisch gesehen, statistisch gesehen, kennt jeder so einen Täter. Realistisch gesehen, statistisch gesehen, kennt jeder so ein Opfer.“ Der Text wurde mit begeistertem Applaus bedacht und erreichte die höchste Bewertung.
Danach trat Erik Leichter aus Hannover auf die Bühne und klärte sein Publikum auf: „Ich bin gebürtig aus Zwickau.“ Mit schrägem Humor und gut gesetzten Pointen brachte er die Aula von Anfang an zum Brüllen. „Ich sehe aus wie Pumuckl, der eine Banklehre gemacht und ein Problem mit Crystal Meth hat“, meinte er und las einen Text, in dem es um die zukünftige Kommunikationsweise geht – das Swirfeln. „Jeder, an den ich denke, kann meine Gedanken lesen?“, fragte er dabei entsetzt und versuchte dann, „aufzulegen“, indem er den Finger in die Nase steckte. Auch Erik Leichter bekam die volle Punktzahl.
Die vierte Poetin war Jouhaina Lahchaichi, die einen bewegenden Text über ihre Erfahrungen als „einziges Mädchen mit einem Kopftuch an der Schule“ schilderte und mit einem versöhnlichen Brief an die Lehrerin schloss, von der sie deshalb immer gemobbt worden war.