„Die Gülle hat ein Imageproblem“

Meerbuscher Landwirte haben jetzt eine neue Kampagne für mehr Verständnis gestartet.

Foto: Ulli Dackweiler

Wenn Heinrich Leuchten (59), Meerbuscher Landwirt aus Ilverich, auf seinen Feldern Gülle ausfuhr, dann hat das jahrelang keinen interessiert — bis auf die Vögel, die auf dem Feld saßen. Neuerdings beobachtet Leuchten aber einen Wandel. „Die Leute werden immer kritischer, das Verständnis für Gülle sinkt.“

Als er im vergangenen Jahr Gülle ausfuhr, schauten ihn manche Fußgänger auf den Spazierwegen an, als ob er etwas Verbotenes täte. „Die haben mich angeguckt wie einen Schwerverbrecher.“ Leuchten ist sich sicher: „Die Gülle hat ein Imageproblem.“ Er begrüßt es deshalb, dass die Kreisbauernschaft Neuss-Mönchengladbach jetzt eine neue Kampagne initiiert hat.

„Wir machen Mief“ steht auf dem Plakat, das seit wenigen Tagen in den Hauptbahnhöfen von Bonn, Köln und Düsseldorf sowie 50 gut befahrenen Straßen der Region aufgestellt ist: rechtzeitig zum Start der Gülle-Saison. Im März wird wieder Gülle ausgefahren, bevor auf den Feldern Mais und Getreide gepflanzt wird.

Mist und Gülle, gerne auch als Wirtschaftsdünger bezeichnet, sind in der Landwirtschaft für das Wachstum von Pflanzen unverzichtbar. „Ja, das Zeug stinkt. Uns übrigens auch. Aber das können wir leider nicht völlig verhindern. Damit es weniger stinkt, verwenden wir moderne Technik“, sagt der Vorsitzende der hiesigen Kreisbauernschaft Neuss-Mönchengladbach, Wolfgang Wappenschmidt, zum Start der breiter angelegten Öffentlichkeitskampagne des Rheinischen Landwirtschafts-Verbandes. Drei Meerbuscher Landwirte haben noch Vieh, dessen Gülle sie auf den Feldern auftragen. Hinzu kämen aber Betriebe, die die Gülle von auswärts importieren, sagt Leuchten, dessen Hof an der Oberen Straße in Ilverich liegt. Er wirbt: „Gülle ist ein Biodünger wie es biologischer nicht geht. Es ist letztlich alles eine Frage der Menge. Deshalb ist es gut, dass es Kontrollen gibt.“ Die Alternative sei die Mineraldüngung — „und die ist im Zweifel auch nicht besser.“

Mit dem Dünger Gülle würden die Landwirte heute schon viel sensibler umgehen, meint Leuchten. „Ich selbst habe dafür ein paar einfache Regeln: Dazu gehört etwa, dass ich am Freitag keine Gülle mehr ausfahre, weil am Wochenende die Leute frei haben, und dann nicht auf der Terrasse den Gestank aushalten wollen.“

Die Landwirte in der Region unternähmen alles, um Geruchsbelästigungen zu vermeiden, sagt auch Wolfgang Wappenschmid. Luftemissionen bedeuteten auch Nährstoffverluste. „Wann immer möglich, bringen die Landwirte Gülle durch Schleppschläuche oder ‚Gülledrill‘ direkt in den Ackerboden ein. Das ist nicht nur emissionsarm und effizient, sondern hat einen weiteren Vorteil: Es riecht nicht so streng.“