Fakten nicht ausreichend dargestellt
„Die Story — Kommunen am Limit“ lief am Mittwoch, 10. Februar, im WDR.
In den sozialen Medien diskutieren Meerbuscher seit Mittwochabend rege das WDR-Format „Die Story“ mit dem Sendungstitel „Kommunen am Limit. Flüchtlinge: mal Last, mal Segen“. Die WDR-Journalistin Sejla Didic-Pavlic hatte es sich zum Ziel gesetzt, die Beherbergung der Flüchtlinge in der wirtschaftlich schwächelnden und von hohem Leerstand geprägten Sauerland-Stadt Altena mit der in der prosperierenden Stadt Meerbusch zu vergleichen. Ihre Arbeitsthese war somit geboren: Herzliches Altena gegen abweisendes Meerbusch. Arme soziale Kommune Altena gegen reiche asoziale Kommune Meerbusch. „Meerbusch“ — alliteriert ja auch so schön mit Millionäre. 140 000 Zuschauer haben die Sendung gesehen, die das Bild der Stadt Meerbusch vielleicht mehr prägt als so manche neue Marketingkampagne.
Ihre Kritik machte die Autorin im Kern daran fest, dass Altena den Flüchtlingen Wohnraum in Wohnungen bieten kann, während Meerbusch auf Turnhallen und Großunterkünfte setzt. Schade nur, wenn die Fakten nicht ausreichend dargestellt sind: Wer den 45-minütigen Beitrag mit Sinn und Verstand ansah, der konnte lernen, dass Meerbusch sich sehr wohl für die Flüchtlinge einsetzt, dass hier vieles geleistet wird, um überhaupt Wohnraum zu schaffen. Die entscheidenden beiden Zahlen aber wurden in dem Bericht nicht genannt: Altena hat laut Berichten eine Leerstandsquote von rund zwölf Prozent, Meerbusch nur rund 1,5 Prozent (Stand 2011). In Altena ist also schlichtweg mehr freier Wohnraum für Flüchtlinge vorhanden. Andere Zahlen: 1969 lebten in Altena noch 32 000 Menschen, heute noch 17 000. In Meerbusch zahlt man Kaltmieten von zehn Euro pro Quadratmeter, in Altena 4,50 Euro. Man kann lernen aus diesem Format. Ganz sicher hat der Bericht in der Meerbuscher Politik das Bewusstsein noch einmal geschärft, dass sozialer Wohnungsbau auch in Meerbusch nötig ist.
Interessant zu sehen war, wie der Altenaer Bürgermeister Andreas Hollstein (CDU) im Film breiter Platz eingeräumt wurde, sich als hemdsärmeliger Macher zu präsentieren. Minutenlang ließ er sich filmen, wie er am Telefon Betten für Flüchtlinge bestellte oder zusammen mit Flüchtlingen Wohnungen besichtigte; eine Arbeit, die für gewöhnlich sicherlich eher seine Mitarbeiter ausführen. Altena hat sich dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen gegenüber sofort kooperativ gezeigt. Vielleicht war also die Meerbuscher Stadtverwaltung nicht gut beraten, sich nach einer ersten Besprechung mit dem WDR nicht mehr kooperativ zu zeigen, zunächst weitere Interviews nicht mehr genehmigen zu wollen.
Vielleicht hätten auch die in Meerbusch so rege tätigen Ehrenamts-Initiativen das Medium TV nutzen müssen, um ein anderes Bild von der Stadt zu zeichnen. Sie wurden nur einmal kurz erwähnt. Stattdessen strotzte der Beitrag vor Meerbusch-Klischees: Kameraschwenks über Häuser, vor denen teure Autos stehen und deren Besitzer nicht reden wollen. Den alles entscheidenden Satz versteckte der WDR am Ende des Films — den nämlich, als Angelika Mielke-Westerlage erwähnte, dass es schlicht keinen Wohnraum gebe.
Was also hat der objektive Zuschauer erfahren? Es gibt in Meerbusch und Altena Flüchtlinge, es gibt in Meerbusch wie in Altena engagierte Bürger, die sich um die Flüchtlinge kümmern, andere Bürger, die sie eher ablehnen, und es gibt in Meerbusch wie in Altena Wohnungen. Mit dem kleinen Unterschied, dass sie in Meerbusch schon bewohnt sind.