Hindenburg — und ein Straßenname als Ehrung

Bürger diskutierten über Bürgerantrag zur Umbenennung. Plädoyer für einen Kompromiss.

Foto: Angelika Kirchholtes

Büderich. Paul von Hindenburg gilt als Mann, der für für den Aufstieg Hitlers zum Reichskanzler mitverantwortlich ist. Soll eine Straße in Meererbusch weiterhin nach diesem Reichspräsidenten benannt bleiben?

Darum geht es bei einer Bürgerversammlung am Dienstagabend im Mataré-Gymnasium. Über den historischen Hintergrund informiert Christoph Nonn, Professor für Neueste Geschichte an der Universität Düsseldorf, die zahlreichen Interessierten.

Nonn schildert anschaulich den Werdegang des schon pensionierten Offiziers, hinterfragt den „Sieger von Tannenberg“, beschreibt die Entstehung der Dolchstoßlegende und die Wahl Hindenburgs zum Reichspräsidenten. Hindenburgs Ziel sei es gewesen, eine rechte nationale Einheitsfront zu verwirklichen, unter Demontierung des Weimarer Staates.

Hindenburg nutzte die ihm in der Weimarer Verfassung vorgesehene Macht der Notverordnungen. Die Ernennung Hitlers zum Kanzler sei nicht zwangsläufig gekommen, sondern Hindenburg hätte Alternativen gehabt, erklärt Christoph Nonn. „Wenn Hindenburg Heinrich Brüning erneut zum Reichskanzler ernannt hätte und bei der nächsten Wahl 1934 die Wirtschaftskrise vorbei gewesen wäre, wäre Deutschland die Nazi-Diktatur erspart geblieben“, spekuliert er.

Genau diese Geschichte ist es, die Christian Thieme dazu bewogen hat, einen Bürgerantrag zur Umbenennung der Hindenburgstraße zu stellen. Die Straße hatte ihren Namen wie zehn andere in Büderich am 26. Mai 1933, kurz nach der Machtergreifung durch die Nazis, erhalten. Als einzige behielt sie ihn auch nach Kriegsende, trotz einer Vorgabe des Alliierten Kontrollrats. „Heute würde wohl niemand mehr eine Straße nach Hindenburg benennen“, fasst Franz-Josef Radmacher die Haltung in der Aula zusammen.

Die Straße jetzt umzubenennen, stößt aber bei den Anliegern auf wenig Verständnis. Aus ihren Reihen wurde ein zweiter Antrag formuliert, den Götz Euler am Dienstag vorträgt. Er empfiehlt ein Zusatzschild anzubringen, das die historische Einordnung Hindenburgs ermöglicht. So könne die Straße zur Diskussion anregen und Mahnung sein.

Anwohner Otto Lindner schlägt vor, angesichts der umstrittenen Person eine größere Tafel — von den Anwohnern finanziert — aufzustellen, die mehr Informationen enthalte und eine echte Auseinandersetzung ermögliche. Nur wenige Menschen heute wüssten überhaupt noch, wer Hindenburg sei.

Andere Anwohner hän-gen an dem Namen, der sich mit dem Bild der Straße verbunden habe. Sie befürchten ein Chaos, wenn diese plötzlich einen anderen Namen trägt und die Feuerwehr womöglich den Weg nicht finde.

Christian Thieme befürchtet dagegen, dass die Menschen den Straßennamen als eine Ehrung der Person ansehen, wie es normalerweise der Fall ist. Denn woran soll man den Unterschied festmachen? Wie wird es sich für die Anwohner anfühlen, in einer Straße zu wohnen, die dem „Totengräber der Demokratie“ gewidmet ist, worauf künftig explizit hingewiesen würde?

Die Entscheidung über eine Umbenennung muss der Hauptausschuss treffen. — frühestens im Herbst.