Polizei in Meerbusch Tönt Alarmanlage, 110 anrufen

Meerbusch · Weniger Einbrüche, Auto- und Fahrraddiebstähle, mehr Gewaltdelikte. Der Leiter der Meerbuscher Wache erklärt die Entwicklung der Straftaten und warum die Wahrnehmung der Bürger sich davon manchmal unterscheidet.

Der Erste Polizeihauptkommissar Thomas Pilz leitet die Wache in Meerbusch.

Foto: RP/anke Kronemeyer

. Es gibt Zeiten, da meldet die Polizei täglich einen Raubüberfall im Stadtgebiet. So häuften sich Anfang des Jahres Vorfälle, bei denen Meerbuschern ihre Luxusuhr vom Arm gerissen wurde. Am Jahresende häuften sich dann mit einem Mal wieder die Einbrüche. Der subjektive Eindruck, den man dann leicht bekommen könnte: Die Zahl der Einbrüche und der Raubüberfälle steigt. Doch über das Jahr verteilt, sieht es anders aus. Das zeigt gerade einmal wieder die Kriminalitätsstatistik, die die Polizei im Rhein-Kreis Neuss nun veröffentlicht hat.

Die Polizei verzeichnete im vergangenen Jahr 2162 Kriminaldelikte, so viele wie 2019 und 22 weniger als 2020. Mit einer Aufklärungsrate von knapp 50 Prozent hat die Polizei die Quote vom Vorjahr gehalten und liegt seit fünf Jahren weiterhin auf einem Höchststand. Die Zahl der Diebstähle ist in den vergangenen zwei Jahren erneut gesunken, gegenüber 2021 um knapp acht Prozent auf 730 Fälle. Unter dieses Delikt fallen auch die Wohnungseinbrüche. Diese sanken auf 90 (2021: 116), die Zahl der abgebrochenen Einbruchsversuche werden dabei mit einberechnet. 2020 waren es noch etwas mehr als die Hälfte, im vorigen Jahr sank der Anteil auf 43 Prozent. Eine eindeutige Erklärung gibt es dafür nicht. „Es kann sein, dass die Täter sich gezielt ungeschützte Häuser und Wohnungen ausgesucht haben“, sagt Thomas Pilz, Chef der Wache Meerbusch. „Es kann aber auch sein, dass die Täter professioneller waren.“

Tönende Alarmanlagen
werden oft ignoriert

Erst kürzlich ergriffen Einbrecher in Büderich die Flucht, weil ihr Eindringen eine Alarmanlage ausgelöst hatte. Leider sei es häufig so, dass wenn die Polizei am Tatort eintreffe, Nachbarn berichten, die Anlage habe bereits vor einer halben Stunde Alarm geschlagen, berichtet der Wachleiter. Sie hätten gedacht, diese sei defekt und es handle sich um einen Fehlalarm. Pilz ermutigt die Meerbuscher, in jedem Fall sofort die Polizei anzurufen. „Lassen Sie uns das klären“, appelliert er. Nur dann bestünde die Chance, einen Täter zu erwischen. Sollte es sich um einen Fehlalarm handeln, werde der Einsatz niemandem in Rechnung gestellt.

Wer auf Facebook verfolgte, welches Fahrrad in Meerbusch gerade gestohlen wurde, konnte zeitweise leicht einen Anstieg bei diesem Delikt vermuten. Allerdings ist die Zahl der erfassten Fahrraddiebstähle auf 164 gesunken (2020: 196). Noch deutlicher ging die Zahl der Autodiebstähle zurück: von 37 auf 14 im vorigen Jahr. Wenn die Fahrzeuge auf der Straße oder vor der Garage stünden, sei der Diebstahl eine Sache von Sekunden, erklärt Pilz. Sein Rat: „Stellen Sie das Auto in die Garage.“ Wenn dort die Diebe das Schloss knackten, verursache das zumindest Lärm.

Was in diesem Jahr hingegen von Meerbuschern häufiger gemeldet wurde, war der Diebstahl aus Fahrzeugen: 132 Mal (2020: 101). Dabei hatten es die Diebe nicht nur auf Handtaschen abgesehen. „Bei älteren Autos wurden häufiger Katalysatoren ausgebaut“, berichtet Pilz. Dies sei ein neues Feld. Für die Täter wertvoll sind dabei die Edelmetalle, die bei Katalysatoren neueren Datums weniger verwendet werden.

88 Gewaltdelikte wurden im vergangenen Jahr erfasst

Eine negative Entwicklung lässt sich bei den Zahlen zur Gewaltkriminalität ablesen. 88 Delikte wurden im vergangenen Jahr erfasst (2020: 55). Allerdings gebe es bei der statistischen Darstellung auch immer wieder Verzerrungen, erklärt Pilz. Wenn bei einer körperlichen Auseinandersetzung beide Beteiligten Anzeige erstatten, fließen beide in die Statistik ein. Andererseits zählt eine Straftat mit fünf Tatverdächtigen als ein Delikt. Der Chef der Wache warnt deshalb vor falschen Schlussfolgerungen. Unter Gewaltkriminalität rechnet die Polizei auch die 20 Raubdelikte in Meerbusch (2020: 10). Wird bei einem Diebstahl Gewalt oder Kraft angewendet, wie beim Abreißen der Kette oder Armbanduhr, fällt dies in die Kategorie Raub. Zahlenmäßig stärker ins Gewicht fallen Straftaten der gefährlichen Körperverletzung (wie Gewaltausübung mit Gegenständen oder Treten mit dem Schuh, Schläge eines Boxers): Mit 62 Delikten im vorigen Jahr waren es 24 mehr als noch 2020. Der weitaus geringere Teil davon spielt sich in der Öffentlichkeit, also auf der Straße oder auf Plätzen ab (15). „Da können wir mit Präsenz vorbeugend wirken“, sagt Pilz. In Wohnungen, Geschäften, Kneipen oder in der Bahn sei dies nicht möglich. Dort wurden im vorigen Jahr 47 Delikte mit gefährlicher Körperverletzung erfasst, 18 mehr als im Vorjahr. Den Anteil der Jugendlichen unter 21 Jahren an der Gesamtkriminalität beziffert der Wachleiter auf 19,7 Prozent im Vorjahr, bei der Gewaltkriminalität auf 25,7 Prozent. Der Rest der Delikte werde von Erwachsenen begangen. Dies werde oft anders wahrgenommen. Etwa wenn Gruppen von Jugendlichen sich häufig an den Haltestellen aufhielten, sei es Hoterheide oder Landsknecht, dazu mit Bierflasche und mal einen dummen Spruch von sich gäben, dann bereite das etlichen Bürgern ein ungutes Gefühl. „Strafrechtlich bleibt da aber nicht viel hängen“, stellt Pilz klar.

Ein deutlichen Rückgang bei den Betrugsdelikten sticht aus der Statistik für das vorige Jahr ebenfalls hervor. In wieweit die Aufklärungskampagne von Polizei und Stadt dazu etwas beigetragen hat, ist unklar. „Das ist schwer messbar“, sagt Pilz. Fakt ist: Mit 289 Betrugsfällen im vorigen Jahr war die Zahl die niedrigste seit fünf Jahren, 2020 wurden noch 373 Fälle erfasst. Die erfolglosen Versuche lagen bei knapp neun Prozent (2020: knapp acht Prozent). Möglich sei schließlich, dass mehr erfolglose Versuche der Polizei gemeldet wurden.