Hilfe aus Meerbusch für Australien Osteratherin näht Beutel für Kängurus

Anna Munz aus Osterath hat rund 100 Säcke für Tiere genäht, die sich bei den Buschbränden in Australien verletzt haben.

Anna Munz aus Osterath präsentiert die verschiedenen, bunten Beutel, die sie für die verletzten Tiere in Australien genäht hat.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Der große Esstisch im Osterather Zuhause ist voll mit bunten Stoffbündeln, dazwischen steht eine Nähmaschine, drumherum liegen Beutel in unterschiedlichen Größen: „Die habe ich nach einer genauen Anleitung genäht“, erzählt Anna Munz. Material und Schnittmuster waren vorgegeben.

Dieses kleine Wombat macht es sich im Beutel gemütlich.

Foto: Munz

Die Nachrichten über das Ausmaß der Buschbrände in Australien mit geschätzt einer Milliarde verbrannter Tiere Anfang des Jahres haben die Meerbuscherin schockiert: „Ich wollte auf jeden Fall helfen“, sagt sie. Ihre Recherche im Internet war anfangs erfolglos: Bei einer australischen Organisation fand sie keine Kontakte zu deutschen Gruppen. Aber das Thema kam in einer Online-Nähgruppe zur Sprache. Dort waren sich alle einig: „Die ganze Welt hilft, auch wir möchten dabei sein.“ Schließlich bekam Anna Munz Kontakt zu einem Team von Wildtier-Päpplern und -schützern, das sehr gut organisiert war und in wenigen Wochen auf mehr als 20 000 Nutzer und damit Helfer anwuchs: „Einige wollten stricken oder das Porto spenden – ich habe genäht“, erzählt die Meerbuscherin. Anna Munz’ Mutter war Schneiderin. „Ich konnte schon immer gut mit einer Nähmaschine umgehen.“

Auch diese beiden Baby-Kängurus haben bei den Buschbränden in Australien ihre Mütter verloren und kuscheln nun im Stoffbeutel.

Foto: Munz

Naturmaterial musste
verwendet werden

In Zusammenarbeit mit der Gruppe Wildlife ARC in Australien, die sich bereits seit 1987 um die Pflege und Rehabilitation einheimischer Tiere bemüht, bekam die Nähgruppe Informationen darüber, welche „Kuschelwerke“ gebraucht werden – ob Beutel für größere Tiere oder Nester für Vögel. Genaue Instruktionen, teils sogar mit Schnittmustern, gab es auch für das Material. Es musste Baumwolle oder Flanell sein, auf jeden Fall Naturmaterial. Nach einem Aufruf im Social Media-Netz bekam Anna Munz Pakete mit gebrauchter Baumwoll-Bettwäsche geschickt, die sie erst einmal sorgfältig wusch und dann verarbeitete. Viele ihrer Beutel haben zusätzlich einen Innenbeutel aus einfarbigem Flanell: „Der wird vor Ort jeden Tag gewechselt“, erklärt sie.

Über eine App konnte
die Ladung verfolgt werden

Ob Kängurus, Wombats, Opposums oder Koala – an alle Tiere, die zum Teil bei den Bränden ihre Mütter verloren haben, wird gedacht. „Da gibt es dramatische Erzählungen, unter anderem über das Herausoperieren noch im Mutterleib befindlicher Kängurus“, hat Anna Munz erfahren. Die gelernte Bürokauffrau und ausgebildete Demenzbetreuerin ist teilzeitbeschäftigt; sie unterstützt Interessenten auf Wunsch mit einem Büro- und Senioren-Service und betreut auch gewerbliche Kunden. In den vergangenen Wochen aber hat sie ausschließlich „genäht, genäht und genäht“. „Meinen Mann habe ich kaum noch gesehen“, erzählt die Mutter zweier Kinder. Rund 100 Beutel hat Anna Munz inzwischen fertiggestellt, dabei die Anforderungen nach einer „französischen Naht“ und komplett fusselfreier, gewaschener, gebügelter Ware erfüllt und dafür weit mehr als 60 Stunden investiert. Denn die Nähgruppe stand unter Druck. Der Termin, für den die Lufthansa extra ein 2,8-Tonnen-Kontingent zum kostenlosen Transport zur Verfügung gestellt hatte, musste eingehalten werden. Anna Munz: „Schließlich kamen 21 924 „Werke voller Liebe“ – darunter 8793 Pouches (innen und außen), 1037 Hanging Bags sowie 7447 Nester und Kuschelbeutel – zusammen.“

Über eine App haben die Beteiligten dann verfolgt, wie in Tokio die Ladung geteilt und dann alles nach Sydney geflogen wurde. „Als die penible Kontrolle nach Tierhaaren oder Pollen vorbei war und wir wussten, dass alles in Ordnung ist, waren wir erleichtert: Unsere Kuschelwerke hatten es geschafft“, erzählt sie. Und das ist auch der 14-jährigen Ina Schrewe zu verdanken, die in Nordrhein-Westfalen zuhause ist, sich zurzeit aber in Australien aufhält und mit Anna Munz in engem Kontakt steht.

Die Osteratherin wollte die Nähmaschine nach der Aktion eigentlich erst einmal zur Seite stellen. Aber mittlerweile haben sich deutsche Wildtier-Päppler gemeldet. „Nach den Stürmen Anfang Februar haben sie viele verletzte Tiere gefunden“, erzählt Munz, die von der Hilfsbereitschaft der vielen Menschen fasziniert ist. „Jetzt päppeln sie Eichhörnchen, Dachse, Füchse oder Vögel auf – alles ehrenamtlich und oft ohne Equipment. Deshalb brauchen sie jetzt unsere Hilfe.“