Osterath: Wenn der Arzt zum Coach wird

In der Therapieklinik in Osterath werden bei Lähmungen von Armen oder Beinen Roboter eingesetzt.

Osterath. Plötzlich ist das Tragen der Einkaufstasche oder gar das Spielen eines Instruments unmöglich. Armlähmungen - etwa nach einem Schlaganfall - gehören zu den kompliziertesten Bereichen in der motorischen Rehabilitation.

In der St.Mauritius-Therapieklinik begegnet man dieser Problematik mit einem Roboterarm: Bei "Armeo" werden Arm und Hand in unterstützende Schienen eingespannt, deren Gelenke mit Sensoren und Motoren versehen sind. Auf einem Bildschirm erscheinen praktische Aufgaben, die der Patient lösen soll - wie das Füllen eines Einkaufskorbs mit Äpfeln.

"Die Sensoren spüren genau, ob und in welchem Ausmaß der Patient eine Bewegung selbst durchführt. Der Roboter passt seine Unterstützung automatisch an und fährt diese zurück - oder umgekehrt", erklärt Helmut Krause, Bereichsleiter Motorik in der Therapieklinik, der die Methode auch bei vermeintlich simplen Frakturen für erfolgversprechend hält.

Schlüssel zum Erfolg ist die Wiederholung. "In einer Therapiestunde kann der Arm auf diese Weise 1000 Mal bewegt werden, wobei die Maschine nur so viel Kraft beisteuert, wie der Patient nicht selbst aufbringen kann", erläutert der Ergotherapeut.

Diesen rund 30 000 teuren Armroboter bezeichnet Volker Hömberg, Ärztlicher Direktor an der Therapieklinik, als einen "Quantensprung" in der Rehabilitation - nicht zuletzt, weil es inzwischen auch sehr viel billigere Heimgeräte gibt, mit denen der Patient seine Übungen zu Hause machen kann.

Für Hömberg ist dieser Einsatz von Robotern gleichbedeutend mit einem modifizierten Berufsbild von Arzt und Therapeut: "Wir behandeln in diesem Fall nicht mehr, sondern geben Anleitungen zum Handeln, werden so praktisch zum Coach."

Erscheint "Armeo" noch halbwegs erschwinglich, muss man für den "Lokomaten" schon tiefer in die Tasche greifen: Bis zu 300 000 Euro kostet der "Laufschrittmacher", der dem Gelähmten künstlich verlängerte Beine schenkt. Nach Schlaganfällen, aber auch bei inkompletten Querschnittslähmungen oder Zerebralparesen (Bewegungsstörungen aufgrund von frühkindlichen Hirnstörungen) hilft der Roboter, Schrittbewegungen zu vollziehen. Dabei kommt ein Schienenmotorensystem inklusive eines Laufbandes zum Einsatz. Die Bewegung wird zwar komplett durch den Roboter ausgeführt, der Patient lernt aber, die komplexen Bewegungsmuster, die durch seine Lähmung "gelöscht" schienen, wieder neu.

Auch hier geht es vor allem um Wiederholungen. Und damit eine Therapiestunde für den Patienten nicht zu langweilig wird, taucht er in eine auf einem Bildschirm projizierte virtuelle Realität ein, die ihm etwa das Gefühl vermittelt, durch eine Landschaft zu spazieren.

Einer der fleißigsten Patienten in der Therapieklinik ist Ömer Cakir. Der Frühgeborene leidet unter einer spastischen Lähmung der Beine. In der Düsseldorfer Uni-Klinik wurde eine Fehlstellung korrigiert, in Osterath ist er jetzt seit zehn Wochen zur Nachsorge. "Die Übungen mit dem Roboter sind anstrengend, aber man ist nie faul", sagt der 14-Jährige und schiebt hinterher: "Ich träume davon, irgendwann wieder ohne meine Gehhilfen zu laufen." Ist das realistisch? "Ich halte es zumindest nicht für ausgeschlossen", sagt seine Ärztin Kristina Müller.