Frühling in Meerbusch In der Fahrradbranche fehlt es an Nachwuchskräften

Meerbusch · Mit dem Frühling bringen viele Menschen ihr Fahrrad zum auffrischen in die Werkstätten. Dort fehlt allerdings der Nachwuchs, so dass es zu Wartezeiten kommt. Zugleich trennen immer mehr Händler Verkauf und Reparatur.

Zweirad-Mechanikermeister Andreas Kull (links) von „Kulles Fahrradwerkstatt“ hat Glück: Mit Lars Distelrath hat er einen Lehrling gefunden, der sich von ihm ausbilden lässt und die Zukunft des Betriebs sichert.

Foto: RP/Angelika Kirchholtes

Endlich ist es Frühling und die Temperaturen werden wärmer. Für viele Meerbuscher bedeutet das, das Fahrrad startklar zu machen, um die Natur vom Sattel aus zu genießen. Doch oft ist das Rad nach dem Winterschlaf nicht fit. Die Reifen sind platt, die Bremsen quietschen und so manche Schraube sitzt locker. Nun ist eine Inspektion fällig.

Nicht jeder kann oder will das selber machen, so wie das in der Jugend der Fall war. „Früher waren die Räder einfacher. Da konnte man selber Hand anlegen“, sagt Fahrradhändler Klaus Brandes. Daher ist der Gang zum Fachmann meist der beste Weg. Zudem seien Pedelecs, die mittlerweile anzahlmäßig die Hälfte der Räder ausmachen, grundsätzlich bei einem Fachmann besser aufgehoben, der auch gleich ein Software Update vornimmt.

Brandes hat gerade auf der Dorfstraße 29 in Büderich sein Geschäft „Kettenantrieb“ eröffnet, der Nachfolger des gleichnamigen Ladens an der Moerser Straße. „Wir mussten wegen Eigenbedarfs leider raus“, berichtet er. Das neue Geschäft ist kleiner, so dass Brandes und sein Mitarbeiter Robert Schliewe vor Ort nur noch Reparaturen und Inspektionen durchführen. Was aber nicht weiter schlimm ist, da Brandes im Lanker Gewerbegebiet In der Loh seit 1969 einen Fahrradgroß- und Einzelhandel betreibt. Den will er jetzt ausbauen. In wenigen Tagen wird die Ausstellungsfläche auf 1 000 Quadratmeter vergrößert sein, so dass sich die Kunden viele Modelle ansehen und sich beraten lassen können. Eine Probefahrt sei auf dem Hof direkt möglich, so Brandes. Außerdem ist ein Parkplatz vorhanden. Damit möchte er den großen Händlern im Umkreis Konkurrenz machen. „Es ist besser, Reparaturen und Verkauf zu trennen, da beides in einem Geschäft oft zu langen Wartezeiten geführt hat“, sagt Brandes. „Wir haben noch genügend Termine für eine Inspektion“, wirbt Schliewe. Es habe sich wohl noch nicht herumgesprochen, dass sich „Kettenantrieb“ an einer neuen Adresse befindet.

Manche Händler spezialisieren sich auf Reparaturen

Auch Stefan Simons und David Falda von der „Fahrradecke“ haben den Betrieb geteilt. In Büderich an der Oststraße wird geschraubt und repariert, in Osterath am Ingerweg kann man Räder kaufen. „Seit wir vor drei Jahren in Osterath eröffnet haben, lief das Geschäft gut“, informiert Simons. Sieben von zehn verkauften Rädern seien E-Bikes, offiziell Pedelecs, gewesen. Auch das erste Quartal 2023 sei super gelaufen, aber nun zeigen sich langsam Ermüdungserscheinungen. Der Markt sei erst einmal gesättigt. Sorgen machen ihm die Angebote der großen Händler, die mit Sonderrabatten ihre Lager räumen.

Auf Reparaturen hat sich auch Andreas Kull an der Meerbuscher Straße spezialisiert. Er steht unter Strom, um alle Kundenwünsche zu befriedigen. Derzeit beträgt die Vorlaufzeit für eine Inspektion 14 Tage. Bei kleineren Reparaturen von bekannten Kunden geht es auch mal schneller. „Gerne würde ich mehr Räder annehmen, aber es mangelt an Fachpersonal“, so Kull. Was auch Klaus Brandes bestätigt. Es werde kaum ausgebildet, weil es sich meist um Kleinstbetriebe handelt, für die der Aufwand zu groß sei. Oft seien es Quereinsteiger, die mit Learning-by-doing ihr Handwerk lernen. Doch Kull, der selbst an einer Abendschule neben der Arbeit den Meisterbrief als Zweiradmechaniker erworben hat, hat Glück gehabt. Bei ihm hat am 1. April Lars Distelrath als Lehrling angefangen. Der 28-Jährige hat eine Ausbildung zum Speditionskaufmann, will aber als begeisterter Radfahrer umsatteln. „Als 56-Jähriger muss ich auch an die Zukunft des Geschäfts denken“, sagt Kull und setzt auf den jungen Auszubildenden, der den Altersdurchschnitt des Teams stark senkt.

Diese Perspektive hatte Friedrich Grube in Lank nicht. Er schließt nach zehn Jahren Ende Mai sein Geschäft „Fahrrad Grube“, macht bereits Ausverkauf. Noch sind gute Mäntel, Sättel und Schlösser günstig zu erwerben, nur die Fahrräder sind schon weg. Auch wenige Reparaturen macht der Fahrradfan noch. Einen Nachfolger für das Geschäft hat er nicht gefunden, obwohl die Branche boomt.