Rhein-Kreis Neuss: Individuelle Hilfe für Schüler und Lehrer

Schulpsychologischer Dienst feiert 40-jähriges Bestehen. 2009 gibt es zwei neue Stellen.

Rhein-Kreis Neuss. Ohne Psychologen kommen Schulen heute nicht mehr aus. Sie helfen Kindern mit Lernschwierigkeiten, unterstützen als Kriseninterventionsteam bei Gewalttaten und beraten gestresste Lehrer. Während vielerorts erst nach Gewalttaten wie in Emsdetten 2006 Psychologen ihren Dienst aufnahmen, gibt es in Neuss und im Rhein-Kreis seit mittlerweile 40 Jahren schulpsychologische Hilfe. Gestern Nachmittag folgte der Festakt zum 40-jährigen Bestehen im Grevenbroicher Kreishaus, wo derzeit auch eine kleine Ausstellung zu sehen ist.

Mit welchen Problemen werden Schulpsychologen konfrontiert? "Wir wollen individuell helfen, dort wo die Schule vielleicht überfordert ist", sagt Jutta Bellen, Leiterin des Schulpsychologischen Dienstes im Rhein-Kreis Neuss. "Wir sind bewährte Partner und bieten ein Angebot für alle Schüler, aus allen Schichten."

Mit den teils gravierenden Änderungen im Schulalltag habe sich in den vergangenen Jahren auch ein Wandel bei den Beratungsthemen vollzogen. Neben Klassikern wie der Lese-Rechtschreib-Schwäche und dem bis in die Beratungsstellen getragenen Disput zwischen Eltern und Lehrern um die richtige Schulform für das Kind, beobachtet Bellen auch neuere Problemfelder wie Aufmerksamkeitsschwächen, Kontaktängste oder auch Dauerstress beim Turbo-Abi.

Anderen Kindern fehle etwa ein Verständnis dafür, was Zahlen bedeuten. Sie haben eine Rechenschwäche (Dyskalkulie), das heißt ohne Hilfe lernen sie nie, richtig zu rechnen. Schon Grundschüler haben immer öfter an den Schulen mit Problemen zu kämpfen: Drei Viertel aller Schüler, die Rat und Hilfe in Anspruch nehmen, sind Grundschüler, sagt Bellen.

60000 Kinder und Jugendliche haben in den vergangenen 40Jahren den Schulpsychologischen Dienst angerufen. Fragen zu Einschulung, Nichtversetzung und Leistungsproblemen sind die, die am häufigsten gestellt werden.

Landrat Dieter Patt betont, dass auch leistungsstarke Schüler Probleme haben können und ist entsprechend stolz, dass der Schulpsychologische Dienst bereits vor Jahren ein eigenes Modell zur Begabtenförderung erarbeitet hat.

Im internationalen Vergleich gehört Deutschland bei der Versorgung mit Schulpsychologen - vor Malta - zu den europäischen Schlusslichtern. Hintergrund ist offenbar die Lehrerausbildung in Deutschland, die sich seit vielen Jahren nicht verändert hat.

Es werde immer noch überwiegend fachlich ausgebildet, während die Lehrer in Finnland beispielsweise psychosoziale Kompetenzen vorweisen müssen. "Die Psychologie hat viel zu lange an Deutschlands Schulen ein stiefmütterliches Dasein geführt", bestätigt Professor Rainer Dollase von der Uni Bielefeld, der auch in einem Vortrag beim Festakt auf die Thematik einging.

Sechs Schulpsychologen und drei Sozialpädagogen gibt es derzeit für etwa 60 Schulen im Rhein-Kreis Neuss. Das ändert sich 2009: Das Land hat zwei zusätzliche Schulpsychologen bewilligt. Es ist die erste landesweite Förderung in der Geschichte des Schulpsychologischen Dienstes.