Der Frauenanteil bei der Schützenkrippe wird größer

Im Schützenmuseum wird die spezielle Krippe mit Neusser Flair zum zweiten Mal aufgestellt.

Foto: woi/Museum

Neuss. Im Rheinischen Schützenmuseum braucht man kein „Gender-Sternchen“. Denn auch ohne diese neueste Errungenschaft der Bundespolitik ist die Zahl der „Krippenfigur*innen“ enorm gewachsen. „Wir wollten den Frauenanteil der Schützenkrippe erhöhen“, erklärt Museumsleiterin Britta Spies bei der Vorstellung einer ebenso bunten wie illustren Gesellschaft, die nun der Heiligen Familie huldigt.

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An den Adventssonntagen wird rund um die Besichtigung der Krippe ein buntes Programm mit Liedern, Gedichten und Geschichten angeboten. Das beginnt um 14.30 Uhr. Weitere Führungen sind bis zum Festtag Maria Lichtmess am 2. Februar, der das Ende der Weihnachtszeit markiert, auf Anfrage möglich, betont Katharina Hall, die Mitinitiatorin der Schützenkrippe. Die Heimatfreunde zum Beispiel haben sich schon für Mittwoch, 9. Dezember, zu einem Krippenbesuch im Haus Rottels angekündigt.

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Zum zweiten Mal stellt das Museum diese Krippe inzwischen auf. Die Idee kam von Museumsmitarbeiter Peter Albrecht, der die Frage stellte: „Was wäre, wenn Maria und Josef nicht in Bethlehem, sondern in Neuss Quartier gesucht hätten?“ Vermutlich, so meinten seine Kollegen, wären gleich etliche Schützen herbeigeeilt, um das Paar zu begrüßen. Damit war die Idee der Schützenkrippe geboren. Die Hirten wurden durch Schützen ersetzt.

Ein Problem wurde allerdings schnell deutlich: Die Versammlung an der Krippe war reine Männersache. Mutter Maria, gut, die musste sein. Aber ansonsten verlor sich in der Krippendarstellung nur noch eine einzige Frau: Maria Vieten, eine Wirtin am Markt, an die nicht nur der Jägerzug „Grüne Heide“ beste Erinnerungen pflegt. Er gab das Geld zu dieser Figur, wie überhaupt hinter jeder Figur ein Spender und eine Geschichte steht.

„Ohne ginge es gar nicht“, sagt Katharina Hall, die selbst auch eine Figur verwirklicht hat: die Edelknabenkönigin. „Die gab es früher wirklich“, sagt sie und veranlasst Spies zur Erklärung: Die Schützenkrippe sei nicht auf eine bestimmte Zeit ausgerichtet. Sie versammelt Neusser Gesichter aus fast zwei Jahrhunderten in frommer Andacht.

Komiteemitglied und Oberschützenmeister Martin Flecken hat die Figur seines Vaters Karl Flecken dieser Versammlung hinzufügen lassen. Sie ist ebenso neu wie die Darstellung von Max Tauch, dem langjährigen Leiter des Clemens-Sels-Museums und Heimatforscher, der Anfang des Jahres verstorben ist. Auch Maria „Mieze“ Herbrechter wurde nun in der Schützenkrippe verewigt, die in den 1950er und 1960er-Jahren Wirtin des „Drusushof“ war. Sie stand sozusagen bei der Gründung der Neusser Schützengilde Pate und war lange „Korpswirtin“ der Gilde. „Sie war immer eine etwas feinere Person“, sagt Hall — und so ist sie auch wiedergegeben. Die Marktwirtin Vieten mit ihrer Schürze gleich daneben wirkt da fast schon etwas derb.

Überhaupt sind die Figuren nicht einfach nebeneinander gestellt, sondern so arrangiert, dass sich kleine Geschichten gegeben. Da kommt ein Grenadiervater mit Edelknaben-Sohn und Edelknaben-Königin vom Weihnachtsmarkt zurück, gleich daneben hocken einige Schützen bei einem Bier in der „Quirinus-Brauerei“ zusammen, während ein Hubertusschütze und ein Jäger darüber rätseln, was ein Schützenlustler mit einem Blumenhorn macht. „Die Antwort kennt Andreas Werhahn“, sagt Katharina Hall augenzwinkernd. Und nicht nur, weil er die Figur gespendet hat.

Weiblich wird die Krippe durch drei Nüsser Röskes in Festgarderobe — und eines, das einem Jäger-Chargierten die Straußenfedern auf dem Hut kräuselt, während der Schütze ungeduldig daneben sitzt. Der Advent ist halt nicht die einzige „Wartezeit“ im Jahr.