Der Geschmack Polens in Neuss

Jolanta Wycisk betreibt einen kleinen Laden, in dem es allerhand polnische Spezialitäten zu kaufen gibt.

Foto: Andreas Woitschützke

Neuss. Auf den ersten Blick sieht das kleine Ladenlokal an der Adolf-Flecken-Straße nach einem der wenigen verbliebenen Tante-Emma-Läden aus. Der auffällige rote Schal im Schaufenster gibt aber einen Hinweis, dass es hier noch um etwas anderes geht. „Polska“ steht darauf. Daneben ist eine große Beschriftung angebracht: „Spezialitäten aus Polen“.

Drinnen steht Jolanta Wycisk an der Theke, nimmt fünf Wellwürste und packt sie einer Kundin ein. „Meine Wellwurst ist sehr beliebt“, sagt die 51-Jährige. Aber auch Maultaschen („Pierogi“), Schichtkäse, polnisches Bier, Süßigkeiten und Bigos sind gefragt. Im Sortiment befindet sich im Grunde von allem etwas. Auch polnische Presse gibt es zu lesen. „In Neuss leben viele Polen“, sagt Wycisk, „aber auch Deutsche und Russen kaufen gerne bei mir ein.“

Jolanta Wycisk

Vor inzwischen über 27 Jahren hat Jolanta Wycisk Urlaub in Deutschland gemacht — und ist dann mit ihrer Tochter einfach geblieben. „In Polen war damals nichts. Hier im Westen war alles besser“, sagt sie. Sie habe „einfach ein besseres Leben“ gewollt. Zunächst lebte sie mit ihrem Freund am Bodensee, arbeitete in der Gastronomie. Vor sieben Jahren dann schließlich der Umzug nach Neuss. Wycisk begann als Mitarbeiterin im Laden an der Adolf-Flecken-Straße. Als der Inhaber vor drei Jahren in die Insolvenz musste, beschloss sie, den Laden für polnische Spezialitäten zu übernehmen. „Ich habe mir das einfach zugetraut“, sagt sie.

Anfangs habe sie zwar Angst gehabt, dass es nicht klappt. „Aber inzwischen habe ich alles im Griff“, sagt sie. Die Kunden sind ihr treu geblieben. Wycisk hat sich allerdings neue Lieferanten gesucht. Zwei Mal die Woche wird die Ware nun direkt aus Polen geliefert. Darauf legt die 51-Jährige großen Wert. „Das ist wirklich alles aus Polen“, sagt sie. Selbst die Anleitungen auf den Maggie-Tüten sind in polnischer Sprache aufgedruckt. Besonders wichtig ist aber die Wurst-Theke. „Mittlerweile kann man polnische Wurst auch im Supermarkt kaufen. Dann ist das aber in großen Mengen abgepackt. Wer nur eine kleine Portion schafft, muss zu mir kommen“, sagt Wycisk.

Sie selber esse gerne gemischt: Oft Polnisch, aber gerne auch Deutsch. „Polnisches Essen ist deftiger, kräftiger und würziger“, schwärmt Wycisk. Manche Kunden kommen mehrmals pro Woche. Auch Kinder, die hier geboren und aufgewachsen sind, kommen, um polnische Süßigkeiten zu kaufen.

„Chrupki“ — eine Art Maisflips, die in großen Tüten abgepackt werden, — seien bei den Kleinen besonders beliebt. „Auch die Kinder sprechen Polnisch“, sagt Wycisk.

Und so ist ihr Laden auch ein Treffpunkt für die polnische Community in Neuss. „Ein Mal haben sich hier zwei Leute, die sich nur aus Polen kennen, zum ersten Mal wiedergetroffen“, erinnert sich die 51-Jährige. „Und das, obwohl beide schon 20 Jahre in Neuss wohnten.“