„Sucht-Treffpunkt“ wird abgebaut

Der überdachte Fahrrad-Unterstand an „Bienefelds Gässchen“ wird auch als wilde Müllhalde kritisiert.

Foto: Lothar Berns

Grevenbroich. Es geht um das Leben und Lebenlassen im Bahnhofsviertel. Stefan Dietz wollte nicht länger abwarten, bis etwas passiert. Deshalb ist der Hauseigentümer vor ein paar Tagen selber aktiv geworden und hat eine kaputte Absperrung entlang des Grünstreifens an „Bienefelds Gässchen“ kurzerhand durch einen neuen, stabilen Bauzaun ersetzt. Das Gitter soll Drogenabhängige davon abhalten, sich im Gebüsch zu erleichtern. Anlieger und Passanten hatten in den vergangenen Monaten immer wieder Alarm geschlagen und sich über den Zustand des Verbindungswegs zwischen dem Bahnhof und der Rheydter Straße beschwert.

Die Situation verschärfte sich zu Beginn des Jahres, nachdem die öffentlichen Toiletten am Bahnhof geschlossen wurden. Auch der überdachte Fahrradunterstand an „Bienefelds Gässchen“ geriet als „Sucht-Treffpunkt“ und wilde Müllhalde in die Kritik. Im Stadtrat forderte die Fraktion von „Mein Grevenbroich“ im März: Einfach abbauen! Doch wegen möglicherweise drohender Rückzahlungen von Fördergeldern musste auch das erst mal rechtlich geprüft werden.

Gestern hat die Verwaltung entschieden: Der Unterstand kommt weg! „Ob das eine Verbesserung der Situation bringt, werden wir sehen, aber wir sind bereit, alles zu versuchen“, sagt Bürgermeister Klaus Krützen. „Grundsätzlich ist sich die Stadtverwaltung der Probleme im Bahnhofsviertel durchaus bewusst. Wir sind mit allen Akteuren inklusive der Ärztekammer im Gespräch und arbeiten an Lösungen — nur dauert das eben eine gewisse Zeit.“

Das betont auch Martina Suermann („Mein Grevenbroich“). „Dass die Anwohner auf der anderen Seite Fortschritte sehen wollen, kann ich auch gut verstehen“, sagt die Fraktionschefin. „Ich wohne ja selber im Bahnhofsviertel.“

Kurz vor den Sommerferien hat „Mein Grevenbroich“ einen Antrag an den Stadtrat formuliert. Um die Situation insbesondere im Bahnhofsquartier zu entspannen, soll die Verwaltung beauftragt werden, ein Aufenthaltsangebot für Personen aus der alkohol- und drogenkonsumierenden Straßenszene einzurichten und sozialpädagogische Betreuung sicherzustellen. „Dabei geht es nicht darum, die suchtkranken Menschen lediglich von ihren gewählten Plätzen zu verscheuchen — das würde das Problem nicht lösen, sondern nur verlagern“, sagt Suermann.

„Mein Grevenbroich“ schlägt stattdessen vor, in unmittelbarer Nähe zu den Methadonausgabestellen in Bahnhofsnähe eine geschützte Aufenthalts- und Beratungsmöglichkeit zu schaffen. „Das würde auch Respekt und Toleranz zwischen den Konsumenten und den übrigen Anwohnern schaffen“, sagt die Fraktionschefin. „Abgesehen davon würden wir uns für das Viertel wünschen, dass der Einsatz von Streetworkern und Sozialarbeitern vorangetrieben wird. Was nutzt es uns, wenn wir Wohnquartiere verschönern, ohne uns um die sozialen Brennpunkte zu kümmern?“

Eine offene Drogenszene mit regem Handel gibt es nach Einschätzung der Polizei im Bereich des Grevenbroicher Hauptbahnhofs aktuell nicht. „Naturgemäß halten sich an einem Bahnhof viele Menschen auf und die Polizei wird aus unterschiedlichsten Gründen zum Bahnhof gerufen“, sagt Polizeisprecherin Diane Drawe. „Wir sind einsatzbedingt, aber auch aus eigener Initiative mit zivilen und uniformierten Streifen vor Ort.“