Im Epanchoir gibt es jetzt wieder Wasser
Die Flutung sollte schon am Dienstagnachmittag beginnen, verzögerte sich dann aber.
Neuss. Rund 100 Schaulustige waren am Dienstag gekommen, um dabei zuzusehen, wie das historische Wasserbecken an der Nordkanalallee geflutet wird — vergebens. Auch Stunden nach dem avisierten Termin um 15 Uhr hatte sich noch nichts getan. Erst in den Abendstunden konnte das Wasser fließen.
Was war passiert? „Wir haben uns wohl ein wenig verschätzt“, sagte Gerd Eckers, Abteilungsleiter beim Tiefbaumanagement Neuss. „Damit das Becken geflutet werden konnte, mussten zwei Staumauern weggebrochen werden. Und diese Arbeiten haben sich offenbar als schwieriger erwiesen als gedacht.“
Verantwortlich für die Restaurierung ist ein Unternehmen aus Köln. Nach längerer Vorbereitungszeit hatte es in den vergangenen zehn Monaten die vier Böschungskegel der historischen Wasserkreuzung im Auftrag des Tiefbaumanagements wiederhergestellt. Für die Restaurierung wurden rund 22 Kubikmeter Basalt benötigt. „Der Stein stammt aus Mendig“, erläuterte Eckers. „Aus dem Steinbruch, in dem auch der Basalt für die ursprüngliche Anlage gebrochen wurde.“ Die Blöcke wurden dann nach den historischen Vorgaben von Steinmetzen bearbeitet und in den Böschungskegeln verbaut. Das stark beschädigte Ziegelmauerwerk der Böschung wurde gereinigt und um neue Ziegel ergänzt.
Nach der Flutung will sich das Tiefbaumanagement um die äußere Gestaltung der Anlage kümmern. Die Begrünung soll erneuert werden. Außerdem ist der Bau eines Geländers und die Errichtung eines Info-Punktes geplant. „Dort sollen dann Hinweisschilder aushängen, die den Neussern erklären, was sie da eigentlich vor sich haben“, erläuterte Eckers. Später soll dort außerdem eine Stele an jenen Ort erinnern, an dem Napoleon bei der Grundsteinlegung im Jahr 1809 gestanden haben soll.
Seit 2009 wurde die rund 1,3 Millionen Euro teure Rekonstruktion forciert — eine lohnende Investition. Das finden jedenfalls Christoph Napp-Saarbourg, Vorsitzender des Fördervereins, und sein Stellvertreter Klaus Karl Kaster. Sie meinen, dass die Stadt mit der Wasserkreuzung eine neue Sehenswürdigkeit gewinnt. „Das Epanchoir war ein Schatz, den es zu bergen galt“, sagte Napp-Saarbourg. Und Kaster schwärmte: „Das Gewicht dieser Restaurierungsmaßnahme ist einmalig.“
Lange Zeit lag es im Stadtbild unbeachtet da, jetzt ist es wieder sichtbar. Der Name ist ein Kunstwort, das vom Lateinischen expandere abstammt und so viel wie „ausbreiten, erweitern“ bedeutet. Und das trifft das, was Napoleon plante, sehr genau: Der „Grand Canal du Nord“ war ein für die damalige Zeit gigantisches Projekt, und das Epanchoir gilt als Meisterwerk französischer Ingenieurskunst.
1804 erteilte Napoleon den Befehl, eine künstliche Wasserstraße zwischen dem Rhein, der Maas und dem Seehafen Antwerpen zu bauen. Es war eine politische Entscheidung. Der 160 Kilometer lange Kanal sollte den damals nördlichsten Seehafen unter französischer Herrschaft in Antwerpen mit dem Rhein verbinden, um die Niederlande mit ihren Zöllen und Steuern zu umgehen und sie vom Rheinhandel abzuschneiden. Der Kanal sollte 22 Meter breit sein, eine Wassertiefe von 2,40 Meter haben und auf 35 Meter lange Schiffe mit 200 Tonnen Ladegewicht ausgerichtet sein.