Grevenbroich. Am Mittwoch hat am Amtsgericht Mönchengladbach die Gläubigerversammlung zum Insolvenzverfahren des Kreisverbandes der Arbeiterwohlfahrt stattgefunden. "Da das Verfahren kein öffentliches ist, darf ich zu diesem Thema nichts sagen", erklärte Insolvenzverwalter Peter Houben.
Im Frühjahr 2002 hatte die Staatsanwaltschaft Düsseldorf Anklage gegen den ehemaligen Geschäftsführer Ulrich B. erhoben. Von 1999 bis 2002 soll der SPD-Politiker mit seiner Stellvertreterin etwa 400000 Euro in die eigene Tasche gewirtschaftet haben.
175 Fälle von Untreue wurde bekannt. Zum Beispiel wurde B. zur Last gelegt, dass auch seine Mutter Gewinn aus den Taten ihres Sohns gezogen habe. Sie soll auf der Gehaltsliste der Awo gestanden haben, obwohl sie längst in Rente war. Auch soll Geschäftsführer, der nach Bekanntwerden der Taten entlassen wurde, eine Urlaubsreise auf Kosten der Awo gemacht haben. B. wurde zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Er hat Berufung eingelegt.
Eine Insolvenz des in Grevenbroich ansässigen Awo-Kreisverbandes war nicht mehr abzuwenden - mit schweren Folgen: Die beiden Kindertagesstätten der Awo an der Carl-Diem-Straße und am Platz der Republik konnten nicht gehalten werden, ebensowenig die Einrichtung in Meerbusch..
"Vier Bereiche unseres Geschäftsverbandes, den es jetzt in der alten Form nicht mehr gibt, hat die Awo Mönchengladbach übernommen", sagt Iris Goeres-Liedtke, Mitarbeiterin des ehemaligen Kreisverbandes. Dabei handelt es sich um die sozialpädagogische Familienhilfe, das Familienbildungswerk, die Integrationsagentur und die Vertretung der sozialen Arbeit im Rhein-Kreis Neuss.
Noch immer wird Goeres-Liedke ärgerlich, wenn sie an B. zurückdenkt. "Der Mann hätte uns beinahe unseren Job gekostet. Er hat die Arbeit der Awo enorm abgewertet." Jetzt möchte die Awo ihren Ruf wieder herstellen.
"Wir bemühen uns derzeit, eine Arbeitsgemeinschaft der einzelnen Ortsvereine im Rhein-Kreis Neuss zu gründen, um die Awo wieder zu stärken", sagt Hans-Gregor Kremer, ehemaliger Vorstand des Kreisverbandes und jetzt ganz normales Awo-Mitglied.
Auch Bürgermeister Axel Prüm bemüht sich, seinen Ärger zurückzuhalten. Die Stadt hat die Trägerschaft der beiden Kitas auf Grevenbroicher Gebiet übernommen.
"Wir haben einen reibungslosen Übergang versprochen, und das haben wir gehalten. Die Kinder durften unter den Angelegenheit nicht leiden", so der Stadtchef. Fatal dabei: Die Stadt musste die diversen Einrichtungsgegenstände, deren Anschaffung sie einst selbst finanziert hatte, jetzt nochmals aus der Insolvenzmasse herauskaufen.