Dormagen: In ein paar Jahren droht in 227 Häusern Wasser
Grundwasser: Bürger der Initiative „Arche Gohr“ fühlen sich hingehalten und im Stich gelassen.
Dormagen. Fast anderthalb Stunden lang stand im Planungsausschuss ein Thema in der Diskussion: das Grundwasser in Gohr. Unzufrieden zeigten sich die Ausschussmitglieder und vor allem die durch die Bürgerinitiative "Arche Gohr" vertretenen Bürger, dass noch immer keine Lösung für das Grundwasserproblem gefunden wurde, obwohl die Gefahr seit Jahren bekannt ist.
Stefan Simon, Geoökologe des Erftverbandes, stellte den Entwicklungstrend zeitlich dar. Wegen seiner Lage zwischen den Abbaugebieten Hammbach und Garzweiler II liegt Gohr derzeit noch unter dem Einfluss der künstlichen Entwässerung (Sümpfung).
Der Grundwasserspiegel ist etwa zwei Meter tiefer als normal, was man in den 60er Jahren nutzte, um das ehemalige Sumpfgebiet des Niederdorfs zu bebauen. In 25 bis 30 Jahren wird sich wegen des schwindenden Sümpfungseinflusses das Grundwasser um etwa einen Meter heben, bis 2060/2080 ist es wieder auf altem Stand vor dem Braunkohleabbau und der Entwässerung.
Arno Neukirchen von der Bürgerinitiative "Arche Gohr" erklärte dem Ausschuss, warum dies für die Gohrer so dramatisch ist: "Anfang der 1980er Jahre war das Grundwasser kein Thema, so dass viele Häuser ohne ausreichenden Schutz oder entsprechende Keller gebaut wurden."
Die Ungewissheit und die bedrohliche Situation, in ein paar Jahren mit dem Haus im Wasser zu stehen, mache den Gohrern, die in den 227 betroffenen Häusern wohnen, sehr zu schaffen, bedrohe gar ihre Existenz.
"Wir diskutieren seit acht Jahren mit verschiedenen Gremien. Die Erfahrungen sind desaströs, denn wir werden hingehalten und es werden Sachverhalte verschwiegen", so Neukirchen. Auch die Politiker zeigten sich unzufrieden: Es sei nicht gelungen, den Bürgern das Gefühl der Sicherheit zu vermittelt, kritisiert Ingo Kohlmorgen (Grüne) die Grundwasserkommission. Rolf Brömmelsiek (FDP) forderte genauere Informationen über die zeitliche Entwicklung.
Kreis-Umweltdezernent Karsten Mankowski versuchte die Wogen zu glätten: "Sie können sich sicher sein, dass der Kreisgrundwasserausschuss die Sorgen der Gohrer ernst nimmt. Deshalb gilt: Sorgfalt vor Schnelligkeit." Aus diesem Grund hat der Kreisausschuss in seiner gestrigen Sitzung ein Gutachten in Auftrag geben, mit dem geprüft werden soll, ob für Gohr eine ähnliche Lösung möglich ist wie in Korschenbroich.
Bei dieser so genannten "kleinen hydraulischen Lösung" wird nicht das gesamte Grundwasser, sondern nur in nassen Perioden der entsprechende Hochstand abgepumpt. Die relativ geringe Wassermenge kann ohne weitere Aufbereitung versickert werden, wohin gegen bei einer großen Abpumpung das Wasser enteist und zum Teil von Nitrat befreit werden müsste. Auf diesem Weg könne wie in Korschenbroich durch Abpumpen von zehn Prozent des Wassers fast der Hälfte der betroffenen Häuser geholfen werden, so Simon.
Der Ausschuss beschloss auf Vorschlag von Norbert Dahmen (CDU) künftig in vierteljährlichem Abstand die Grundwasserproblematik zu thematisieren und einen Sachstandsbericht zu erhalten.